5 Mythen der Team­ent­wick­lung – und was wirk­lich rich­tig ist

Auf Bäu­me klet­tern? Tür­me bau­en? Team­ent­wick­lung wird oft auch von den Anbie­tern selbst ein­sei­tig inter­pre­tiert. So wun­dert es nicht, dass vie­le Unter­neh­men dar­un­ter eine Grup­­pen-Bes­pa­­ßung ver­ste­hen, die vom Manage­ment nicht beson­ders ange­se­hen ist. Dass aber Team­ent­wick­lung gera­de auch fürs Manage­ment und im Rah­men der Ent­wick­lung agi­ler Teams wich­tig sein könn­te? Das wird sel­ten gese­hen. Wir räu­men auf mit den Mythen der Team­ent­wick­lung und mixen die­se mit aktu­el­len wis­sen­schaft­li­chen Erkenntnissen.
Um das gleich vor­ne­weg zu sagen: Team­ent­wick­lung ist viel mehr als ein net­tes Event. Bevor wir zu den Mythen kom­men, möch­ten wir eine Begriffs­ein­füh­rung geben. Wir haben zur Defi­ni­ti­on des Begrif­fes Team­ent­wick­lung in Abgren­zung zum Team­buil­ding und zum Team­coa­ching vor eini­gen Jah­ren ein PDF erstellt.

Team­ent­wick­lung als Prozess

In der Team­ent­wick­lung lösen seit den 1990er Jah­ren Pro­zess­mo­del­le die Pha­sen­mo­del­le ab. Ein Pha­sen­mo­dell beschreibt Team­ent­wick­lung als auf­ein­an­der­fol­gend. Das mit Abstand bekann­tes­te Pha­sen­mo­dell ist das von Bruce Tuck­man aus dem Jahr 1965 mit den Pha­sen Forming, Stor­ming, Nor­ming und Per­forming. Die­se Pha­sen sind, so Kri­ti­ker des Modells, weder all­ge­mein­gül­tig noch empi­risch belegt. Pro­zess­mo­del­le legen im Unter­schied dazu die Gesamt­heit aller Ein­flüs­se (Inputs), Pro­zes­se und Out­puts von Team­ar­beit zugrunde.
Für den Pro­zess der Team­ent­wick­lung beson­ders rele­vant ist die „Team respon­si­ve­ness”, die laut diver­ser Stu­di­en mit Arbeits­leis­tung in einer direk­ten Ver­bin­dung steht. Team Respon­si­ve­ness ist die Fähig­keit eines Teams, in ihrem Han­deln für die Ansprü­che der Betrof­fe­nen emp­fäng­lich zu sein. Team respon­si­ve­ness ist kaum nur mit Team­emp­fäng­lich­keit zu über­set­zen, da es ver­schie­de­ne par­al­le­le Aspek­te beinhaltet.

Schlüs­sel­fak­to­ren der Teamentwicklung

Nach Ben Kui­pers (2005) beinhal­tet sie die drei Schlüs­sel­fak­to­ren Joint Manage­ment (Zusam­men­ar­beit), Job Manage­ment (Manage­ment der Auf­ga­ben und deren Ver­tei­lung) und Boun­da­ry Manage­ment (Schnitt­stel­len­ma­nage­ment), die jeweils fol­gen­de Aspek­te beinhalten:
Manage­ment der Zusam­men­ar­beit (Joint Management):

  • Ziel­ori­en­tie­rung
  • Pla­nungs­ak­ti­vi­tä­ten
  • Feed­back
  • Kon­flikt­ma­nage­ment

Auf­ga­ben­ma­nage­ment (Job Management):

  • Job­ro­ta­ti­on und Mehrfunktionalität
  • Kom­mu­ni­ka­ti­on über Arbeit und Aufgaben
  • Ent­schei­dungs­fin­dung und Kontrolle
  • Per­for­mance Management
  • Schnitt­stel­len­ma­nage­ment
  • Ver­bes­se­rungs­ma­nage­ment (wir wür­den hier­un­ter auch Inno­va­ti­ons­ma­nage­ment verstehen)
  • Manage­ment der Kun­den und Lieferantenbeziehungen
  • Höhe­re Mana­ge­­ment- und Supportaufgaben

Wir sind aus unse­rer prak­ti­schen Per­spek­ti­ve der Über­zeu­gung, dass bei­de Ansät­ze – Team­ent­wick­lung als Pro­­zess- und Team­ent­wick­lung als Pha­sen­mo­dell — ihrer Berech­ti­gung haben. Die Team­pha­sen sind in der Pra­xis immer wie­der zu beob­ach­ten. Sie genü­gen aber nicht, um Maß­nah­men zur Leis­tungs­stei­ge­rung von Teams zu beschrei­ben. Hier ist die Ergän­zung durch Pro­zess­fak­to­ren wich­tig. Vor allem das Boun­da­ry Manage­ment kann aus unse­rer Per­spek­ti­ve noch wei­ter gefasst wer­den – auch die Kom­mu­ni­ka­ti­on über direk­te Schnitt­stel­len hin­aus kann die Leis­tung posi­tiv beeinflussen.

Nach die­ser klei­nen Ein­füh­rung in die Hin­ter­grün­de der Team­ent­wick­lung, nun zu den ver­brei­te­ten Mythen der Teamentwicklung:

1. Falsch: Team­ent­wick­lung ist eine Spaß­ver­an­stal­tung. Rich­tig: Team­ent­wick­lung dient der Leistungssteigerung

„Das hat mir gar nichts gebracht, die­se Spiel­chen“, sag­te der Mana­ger. „Net­te Unter­hal­tung, aber ich will mich per­sön­lich ent­wi­ckeln“. Sol­che Reak­tio­nen ken­ne ich. Offen gesagt, habe ich selbst sol­che State­ments gege­ben, als ich noch ange­stellt war, was gefühl­te 100 und rea­le 18 Jah­re her ist. Ich emp­fand es als lächer­lich auf Bäu­me zu klet­tern und Tür­me zu bau­en. Hart­nä­ckig hält sich das Gerücht, dass Team­ent­wick­lung gleich­wer­tig zum Team­buil­ding sei. Doch streng­ge­nom­men ist Team­bil­dung nur der ers­te Schritt (der Input im Pro­zess), wenn es dar­um geht, Teams auf­zu­stel­len und arbeits­fä­hig zu machen. Dabei kann eine Spaß­ver­an­stal­tung hel­fen, Mit­glie­der in Kon­takt zu brin­gen und durch gemein­sa­me Erleb­nis­se den Team­geist zu stär­ken. Doch damit darf es nicht aufhören.

2. Falsch: Team­ent­wick­lung fin­det auf der unte­ren und mitt­le­ren Ebe­ne statt. Rich­tig: Team­ent­wick­lung betrifft gera­de auch Management-Teams

Vie­le Geschäfts­­­füh­rungs- und Bereichs­lei­ter­teams sehen sich nicht als Team. Sie haben kei­ne gemein­sa­men Zie­le, son­dern wer­keln neben­ein­an­der her, oft mit einer eige­nen Agen­da. Ein gemein­sa­mes Com­mit­ment? Eher sel­ten. Wäh­rend Grün­der­teams oft viel Gemein­sam­keit leben, geht mit der Grö­ße des Unter­neh­mens nicht sel­ten die Iden­ti­fi­ka­ti­on mit eige­nen Zie­len ver­lo­ren. Bereichs- oder Abtei­lungs­lei­ter stre­ben oft nicht nach dem Ver­bin­den­den, son­dern suchen viel­mehr sich abzu­gren­zen und ihren Ein­fluss zu sichern. Es ent­steht ein Wett­be­werb, der die Unter­neh­mens­zie­le unter­lau­fen kann. Zusätz­lich zur Füh­rungs­kräf­te­ent­wick­lung auf Indi­vi­du­al­ebe­ne ist Team­ent­wick­lung wichtig.

3. Falsch: Team­ent­wick­lung ist eine Maß­nah­me. Rich­tig: Team­ent­wick­lung ist ein Prozess

Machen wir mal eine Maß­nah­me! Die Annah­me, eine ein­ma­li­ge Akti­on wür­de etwas ändern, was in Wahr­heit sys­tem­im­ma­nent ist, ist immer noch ver­brei­tet – es ist eigent­lich mehr die Hoff­nung. Doch der Effekt eines Trai­nings ver­fliegt schnell, wenn die Mit­glie­der sie nicht in den All­tag inte­grie­ren kön­nen. Ja, wenn sie dort sogar Wider­sprüch­li­ches zum Erlern­ten erle­ben. Des­halb soll­ten Team­ent­wick­lungs­maß­nah­men immer anschluss­fä­hig an den Orga­ni­sa­ti­ons­kon­text kon­zi­piert sein. Das ver­langt eine umfas­sen­de Ana­mne­se der Rahmenbedingungen.
Team­ent­wick­lung ist dar­über hin­aus auch nichts, dass ein Ende hat, son­dern work in pro­gress. So ist es illu­so­risch die fünf Team­ent­wick­lungs­pha­sen nach Tuck­man – Forming, Stor­ming, Nor­ming, Per­fo­ming und Adjo­unr­ning als geschlos­sen zu begrei­fen. Die Annah­me irgend­wann gäbe es ein Per­forming — und dann läuft der Laden — ist illu­so­risch. Jede Ver­än­de­rung bringt neu­es Stor­ming. Außer­dem kann ein zu ein­ge­spiel­tes Team sich auch leicht fest­fah­ren. Das ist ähn­lich wie mit dem Chan­­ge-Modell nach Lewin (unfree­ze, chan­ge, free­ze): Eine Free­­ze-Pha­­se kann heu­te kei­ner mehr anneh­men, die Ver­än­de­rung ist laufend.

4. Falsch: Team­ent­wick­lung ist sowas wie Coa­ching. Rich­tig: Team­ent­wick­lung ist ein Teil der Organisationsentwicklung

Oft wird Team­ent­wick­lng auch mit Team­coa­ching ver­wech­selt. Die­ses ist aber mehr als Inter­ven­ti­on zu begrei­fen, etwa zur Kon­flikt­lö­sung. Es kann sich dann mit Team­ent­wick­lung über­schnei­den, wenn es Unter­stüt­zung zur Ziel­er­rei­chung bie­ten will. Meist zielt Team­coa­ching auch auf klei­ne­re Grup­pen oder Tei­le von Teams.
Es ist viel­mehr not­wen­dig, Team­ent­wick­lung als Teil der Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung zu begrei­fen – und zwar als ihr unter­ge­ord­ne­ter oder in sie inte­grier­ter Teil.

5. Falsch: Füh­rungs­kräf­te müs­sen Teams nicht ent­wi­ckeln: Rich­tig: Team­ent­wick­lung ist die wich­tigs­te Führungskompetenz

Der Blick auf das Indi­vi­du­um hat jahr­zehn­te­lan­ge die Per­so­nal­ent­wick­lung domi­niert. Der Sie­ges­zug des Busi­ness Coa­chings ist ein Indi­ka­tor dafür. In Teams dage­gen hat man kaum inves­tiert, außer­halb von Spaß­ver­an­stal­tun­gen im Team­buil­ding und Kon­flikt­ma­nage­ment­trai­nings war der Pro­zess der Zusam­men­ar­beit kein gro­ßes Thema.
Als eine Fol­ge ist in Unter­neh­men Team­ent­wick­lung, eben auch auf­grund der Annah­men 1–4, sel­ten als expli­zi­te Füh­rungs­kom­pe­tenz defi­niert. Viel­mehr wer­den öfter Per­so­nal­ent­wick­ler aus­ge­bil­det, die die­se Auf­ga­be über­neh­men sol­len. Jedoch braucht auch die Füh­rung ech­ter Teams — also von Teams, die eine gemein­sa­me Auf­ga­be haben – Kennt­nis­se in die­ser Dis­zi­plin. Dazu gehört Know-how über die Pro­zes­se wie über die Pha­sen, letzt­end­lich aber auch grup­pen­dy­na­mi­sches Wis­sen und ent­spre­chen­de Moderationskompetenzen.
Hier sind wir der Mei­nung, dass man Füh­rungs­kräf­te, vor allem jene, die nah an den Mit­ar­bei­tern sind, mehr in Team­ent­wick­lung aus­bil­den muss. Alter­na­tiv kann es Bot­schaf­ter geben, die Füh­rungs­kräf­te in die­sen The­men coachen.

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