Wie das Home Office das bis­he­ri­ge Füh­rungs­ver­ständ­nis transformiert

und war­um die “alte Schu­le” nicht ver­steht, wor­um es geht

Vie­le Chefs der alten Schu­le füh­len sich ver­lo­ren, seit­dem ihre Mit­ar­bei­ter im Home Office ver­schwan­den. Sie tele­fo­nie­ren, zoo­men, mai­len, aber wis­sen nicht rich­tig, wie Remo­te Work geht. Vie­le ver­su­chen das Neue in alte For­men zu ste­cken – doch da passt es nicht rein.

In der neu­en Remo­­te-Welt kol­la­bo­rie­ren Men­schen quer durch die Repu­blik und sogar glo­bal auf digi­ta­len Kol­la­bo­ra­ti­ons­boards wie Mural, Miro oder Con­cept­board. Per Zoom oder MS Teams erar­bei­ten sich Teams Lösun­gen, infor­mie­ren sich gegen­sei­tig und ver­tei­len Füh­rung selbst­or­ga­ni­siert auf meh­re­re Köp­fe. Im Flow arbei­tet man dort co-kre­a­­tiv, ent­wi­ckelt gemein­sa­me Lösun­gen, star­tet Ad-hoc-Mee­­tings. Und eta­bliert neben­bei eine ganz neue Mee­ting­kul­tur. Wenn man denn darf.

Auch wenn der Adi­­das-Boss Kas­per Ror­stedt jüngst beton­te, dass er Home Office nicht als Alter­na­ti­ve sähe: In vie­len Bran­chen und Orga­ni­sa­tio­nen wird nach der Pan­de­mie nichts mehr so sein wie es war. Mag sein, dass Ror­stedt, sei­ne “Frau­schaft” zurück ins Office bit­tet. Bei vie­len Orga­ni­sa­tio­nen wer­den Mit­ar­bei­ter  dage­gen „remo­te“ blei­ben — durch­aus schon aus Kos­ten­grün­den. Der Anteil der Remo­­te-Only-Com­­pa­­nies wird eben­so sicher stei­gen. Gut mög­lich, dass sich an die­sem Punkt auch die Pole im Kampf um Talen­te auf­span­nen. Wo ist es schö­ner? Zuhau­se oder im Büro? Die Ant­wort dar­auf scheint eine Typ- und Bran­chen­fra­ge. Aber nicht nur: Die Fra­ge ist auch, ob die Füh­rung Remo­te kann und vor­lebt, dass es sich eben nicht um eine 1:1‑Übersetzung handelt.

Hei­ser und mit wun­den Fingern

Die Zug­kraft für Remo­te­ar­beit geht dabei oft eher von der Beleg­schaft aus, die sich mit unsin­ni­ger IT-Ver­­­bots­­po­­li­­tik aus­ein­an­der­set­zen muss und krea­ti­ve Lösun­gen etwa per One Note erfindet.

Die Füh­rungs­rie­ge arbei­tet sich der­weil teils müh­sam dar­an ab, Füh­rung ins Digi­ta­le zu brin­gen — ohne zu ver­ste­hen, was die­ses aus­macht. Dass es etwa Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on braucht und Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on Teams. In den meis­ten Unter­neh­men arbei­ten aber Grup­pen und kei­ne Teams, die Archi­tek­tur der Zusam­men­ar­beit stimmt nicht.

Auch sind sich die aller­we­nigs­ten Füh­rungs­kräf­te bewusst, dass das Mee­ting in die­ser Remo­­te-Work das Füh­rungs­in­stru­ment Num­mer 1 ist. Durch einen Indi­vi­du­al­blick geprägt, agie­ren sie oft in ihrer Kom­mu­ni­ka­ti­on wei­ter mit Fokus auf das 1:1. Im schlech­tes­ten Fall hän­gen sie nun Tage­lang am Han­dy und tele­fo­nie­ren ihren Mit­ar­bei­te­rin­nen nach. Es soll auch Chefs geben, die der­zeit vom vie­len Spre­chen hei­ser sind. Ande­re tip­pen sich die Fin­ger mit E‑Mail wund und nut­zen damit ein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­stru­ment, das bald dem Fax als Arte­fakt einer ver­al­te­ten Tech­­nik-Welt fol­gen wird.

Denn sie ver­ste­hen nicht, was es bedeutet…

Die nai­ve Vor­stel­lung vom Home Office als Ort, in dem man ledig­lich einen Teil sei­ner Arbeit erle­digt, und zwar den weni­ger kom­mu­ni­ka­ti­ven, herrscht vor. Das liegt dar­an, dass die meis­ten gar nicht ver­ste­hen, wie und wofür Tools genutzt wer­den. Klar sind die meis­ten inzwi­schen sou­ve­rä­ne Zoo­men, in den Sin­ne, dass sie jetzt neben dem öden Mee­ting ein Fuss­bad neh­men oder E‑Mails beant­wor­ten. Doch Anwen­den und Nut­zen sind zwei paar Schuhe.

Gele­gent­lich höre ich, dass der aktu­el­le Trend zu einem Rück­fall in alte Top-Down- und Com­­mand-and-Con­­trol-Zei­­ten füh­ren wird, in denen die Füh­rungs­kraft Arbeits­pa­ke­te ver­teil­te. Sicher wer­den wir dar­über reden müs­sen, inwie­weit Soft­ware Arbeit mes­sen und kon­trol­lie­ren darf. Klar ist aber: „Com­mand and Con­trol“ ist eine aus­lau­fen­de Mana­ger­auf­ga­be. Der Bereich fällt weg. Es muss ande­re Lösun­gen geben, die erfor­dern aber mehr als Zahlenanalyse.

Das Ende des Großraumbüros

Nein, Home Office wird uns erhal­ten blei­ben. Gleich wie lan­ge die Ein­schrän­kun­gen blei­ben, danach wird nichts mehr wie zuvor sein. Vie­le Mit­ar­bei­te­rin­nen wer­den dau­er­haft zuhau­se blei­ben, Büros künf­tig ganz anders genutzt wer­den. Groß­raum? Bald wer­den uns die top­mo­der­nen Hüh­ner­kä­fi­ge der Arbeits­welt vor­kom­men wie Arte­fak­te aus einer längst ver­gan­ge­nen Zeit, ähn­lich Fax und E‑Mail. Das Büro wird zum Begeg­nungs­raum wer­den, zu etwas Beson­de­rem. Hier fin­det Aus­tausch und Begeg­nung statt.  Hier wird der krea­ti­ve Boden berei­tet. Etwas Abar­bei­ten kann man doch über­all. Für Kol­la­bo­ra­ti­on und Co-Kre­a­­ti­on braucht es vor allem Füh­rungs­kräf­te, die den Raum dafür geben.

Dafür müs­sen Sie wis­sen, wie man sol­chen Raum gestal­tet. Das ist an tech­no­lo­gi­sche, kom­mu­ni­ka­ti­ve und krea­ti­ve Kom­pe­ten­zen gebun­den – die vie­le nicht haben.

Sind “alte” Füh­rungs­kräf­te dann überflüssig?

Was, wenn die Ant­wort „ja, in die­ser Form“ wäre? Nicht weni­ge Füh­rungs­kräf­te sind irri­tiert von der Erkennt­nis, dass Remo­te­ar­beit zu Effi­zi­enz­ge­win­nen führt. Sie müs­sen sich neu defi­nie­ren, ihre Pra­xis reflek­tie­ren. Refle­xi­on hat aber einen immer unge­wis­sen Aus­gang, wes­halb es unbe­liebt ist. Man muss sich dabei eige­nen The­men stel­len, “Joh­a­ri-Fens­­ter” öff­nen. Ungewohnt.

Der Über­gang in die neue Arbeits­welt fällt Füh­rungs­kräf­ten der alten Schu­le extrem schwer. Im bes­ten Fall wis­sen sie nicht, wie sie sich ver­hal­ten sol­len und sind neu­gie­rig, es zu ler­nen. Sie wis­sen, dass Ler­nen bedeu­tet, Feh­ler zu machen und Refle­xi­on erfor­dert. Im schlech­tes­ten wol­len sie es gar nicht wis­sen. Sie inter­es­sie­ren sich also nicht für die eige­ne Ent­wick­lung, wol­len lie­ber fest­hal­ten, weil das Sicher­heit gibt. Ganz schwie­rig ist das für alle, die sich nur über Arbeit und Titel defi­niert haben.

Kom­pe­ten­zen für das Füh­ren im Home Office

Wer Mit­ar­bei­ter im Home Office führt, braucht auch Kom­pe­ten­zen, die bis­her nicht in jedes Füh­rungs­re­per­toire gehör­te, vor allem

  • Online-Mode­ra­­ti­on,
  • Online-Kol­la­­bo­ra­­ti­on,
  • Online Co-Kre­a­­ti­on,
  • Coa­ching und Teamcoaching,
  • Digi­tal Leadership,
  • Agi­le Füh­rung zur Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und
  • Trans­for­ma­ti­on

Der letz­te Punkt wird sel­ten als Kom­pe­tenz gese­hen, zahlt aber auf alle vor­he­ri­gen ein. Zu Trans­for­ma­ti­on gehört es, sich selbst und ande­re als ver­än­de­rungs­fä­hig anzu­se­hen. Wir Men­schen sind kei­ne Lar­ven, die zu Schmet­ter­lin­gen wer­den. Unse­re Ent­wick­lung ist nicht fest vor­ge­zeich­net. Unse­re Gene las­sen sich durch Ernäh­rung und Bewe­gung ver­än­dern, was die Epi­ge­ne­tik beweist. Auch Refle­xi­on trai­niert. Mus­ter­er­ken­nung, Krea­ti­vi­tät und auch kri­ti­sches Den­ken las­sen sich eben­so üben.

Trans­for­ma­ti­on der Führungwerte

Trans­for­ma­ti­on bezieht sich auch auf das, was Füh­rungs­kräf­te als „wert­voll“ erken­nen. Was bewer­ten sie als erstre­bens­wert? Wor­an erken­nen sie Talen­te? Was för­dern sie, was kul­ti­vie­ren sie bei sich und ande­ren? Da sind ganz ande­re Wer­te gefragt als frü­her, etwa der Wert der Ent­wick­lung und natür­lich des Ler­nens. Statt um Infor­ma­ti­on geht es um Trans­for­ma­ti­on (Video hier).

Ein Blick auf die Zukunfts­kom­pe­ten­zen 2025 aus dem im Okto­ber ver­öf­fent­lich­ten “The Future of Jobs Report 2020” des World Oeco­no­mic Forum zeigt, wie sehr sich die Skills immer mehr in eine neue Rich­tung bewe­gen: Es geht um die Ver­bin­dung von ana­ly­ti­schem, kom­ple­xen und kri­ti­schen Den­ken mit emo­tio­na­ler Intel­li­genz und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fä­hig­kei­ten. Gefragt ist all das, was Maschi­nen nicht kön­nen. Das ist ein Shift, denn bis­her bewun­dern wir das Computerähnliche.

Und so ste­hen vie­le lie­ber begeis­tert oder erstaunt vor der neu­er Tech­nik und Tools wie Mural. Sie fra­gen, wie sie die­se nut­zen und suchen nach einer Schu­lung. Doch dar­um geht es nicht. Es geht um nicht weni­ger und nicht mehr als dar­um, Umge­bun­gen zu desi­gnen, die Wert­schöp­fung erlauben.

Fritz Hiersch — Dreamstime.com 

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