Scheiden tut weh: Adjourning – die unterschätzte Phase im Teamprozess

Das Phasenmodell mit fünf Teamentwicklungsphasen nach Tuckman – Forming, Storming, Norming, Perfoming und Adjounrning — ist nach wie vor sehr populär. Vielfach wird allerdings die letzte Phase, das Adjourning, völlig unterbewertet. Dabei zeigt sich an ihr die Qualität einer Teamarbeit viel eindrücklicher als in allen Phasen zuvor.
Und plötzlich war da diese Nachricht: „Hat die Whatsapp-Gruppe verlassen.“ Es trifft einen wie der Schlag, es tut richtig weg. Sie sind doch ein richtig gutes Team gewesen, haben eine Bindung zueinander gehabt, Erfolge gefeiert, Ziele gemeinsam erreicht! Sie sind, das darf man nie vergessen, an- und miteinander gewachsen. Und dann geht einfach jemand auf diese Art und Weise, so sang- und klanglos? Wer das einmal erlebt hat, weiß wie verstörend das sein kann.
Die Qualität eines Teams, ihren „WeQ“, erkennt man oft erst im Nachhinein, dann wenn es darum geht, auseinander zu gehen. Erst dann merkt man, dass es ein gutes Team gewesen ist. Wenn sich Gefühle von Trauer mit Vorfreude auf etwas Neues mischen. Wenn die Gedanken an das Team wehmütig sind, aber von vielen positiven Erinnerungen durchzogen wie von Silberfäden.
Gerald Hüther, Sven Ole Müller und Nicole Bauer zeigen das in ihrem Buch „Wenn Träume wahr werden“ eindrücklich, wie gute Teamarbeit entsteht und wie wichtig die Adjourning-Phase ist. Sven Müller und Nicole Bauer hatten sich gemeinsam mit ihrem Team ein Jahr auf das anspruchsvollste Radrennen der Welt, das Race vorbereitet und dieses am Ende sogar gewonnen. Obwohl alles dagegen gesprochen hat. So wie sich viele außergewöhnliche Einzel- und Teamleistungen, vielleicht sogar alle, daraus erklären, das Außenstehende sie für unmöglich halten, aber ein Mensch und ein Team an sich glaubt. Und so wie eine gute Teamleistung in einem hochkomplexen Umfeld niemals durch Addition von Einzelleistungen entsteht, sondern durch das Zusammenspiel aller.
Doch dann ist es vorbei. Die Ziele sind erreicht. Plötzlich merkt man vielleicht, dass es neben diesem Ziel gar nicht so viel gegeben hat, was einen zusammenschweißt. Oder dass andere Aufgaben warten, und andere Menschen. Manchmal bleibt ein verbindendes, gemeinsames Anliegen, ein „Purpose“. Bei unseren bisher fünf TeamworksPLUS-Gruppen haben wir uns am Ende immer in den Armen gelegen, aber bisher erst einmal erlebt, dass das Band über die Ausbildung hinaushielt.
Das ist etwas, das niemand vorherbestimmen oder planen kann, es geschieht. Doch auch weniger stark miteinander verbundene Teams brauchen einen guten Abschied.
Hier unsere Tipps für die oft so unterschätzte letzte Phase im gruppendynamischen Prozess, das Adjourning:
- Würdigen Sie jeden einzelnen und alle zusammen. Bei unseren Ausbildungsabschieden hält Svenja Hofert die Gruppenansprache und Thorsten Visbal bereitet eine Rede für jeden Teilnehmer vor. In diesen Reden würdigen wir die Stärken der jeweiligen Gruppen und Menschen sowie ihr individuelles und gemeinsames Wachstum im Prozess der Zusammenarbeit.
- Feiern Sie den Abschied gebührend. Lassen Sie Tränen und Umarmungen zu. Rückblicke sind wichtig, aber Vorausschauen auch erlaubt. Deshalb ist eine Struktur dieses Abschied-Teamevents sehr hilfreich. Es sollte mehr sein als ein informeller Kneipenbesuch.
- Sorgen Sie für ein letztes verbindendes Erlebnis, das sie gebührend mit Fotos und Video dokumentieren.
- Besprechen Sie, wie der Prozess der Trennung vonstattengehen soll – auch, was die Auflösung von Whatsapp-Gruppen betrifft. Bedenken Sie immer, dass in jedem Team Menschen sind, für die die soziale Bindung wichtiger war als für andere, die also auch empfindlicher reagieren können, wenn jemand z.B. wortlos geht.
- Wenn es eine sinnstiftende Bindung war, die über das „Zielerreichen“ hinausgeht, versuchen Sie diese aufrechtzuerhalten, z.B. durch Jahrestreffen. Wir machen die Erfahrung, dass dies umso besser funktioniert, desto mehr „Sinn“ in einer Arbeit oder Aktivität gewesen ist. Es geht also gar nicht so sehr um freundschaftliche Bande als vielmehr um das, was darüber hinausgeht. Wir alle wollen doch die Welt retten, ein wenig zumindest?
- Es sind immer besonders engagierte Einzelpersonen, die es schaffen, ein Team zusammenzuhalten, auch über das Adjourning hinaus. Versuchen Sie diese nicht über die Belbin-Teamrollen zu identifizieren. Es sind nicht immer die Teamplayer, es spielen andere Faktoren rein, die wir nicht „berechnen“ können. Diese bindenden Glieder sind immer Freiwillige. Doch diese Freiwillige brauchen Unterstützer und müssen positive Resonanz auf ihr Engagement spüren. War das Team wirklich gut, wird es diese auch geben können. Auch hier zeigt sich also die Qualität erst im Nachhinein.
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