Studie: Show-Working statt Co-Working. Wie Großraumbüros Zusammenarbeit verhindern
The impact of the ‘open’ workspace on human collaboration

Die aktuelle Studie „The impact of the ‘open’ workspace on human collaboration” der beiden Harvard-Wissenschaftler und Organisationspsychologen Ethan S. Bernstein und Stephen Turban zieht weite Kreise. Erstmals belegt sie, dass Großraumbüros eben nicht die Kommunikation fördern. Sie ist damit ähnlich bahnbrechend wie Anita Wolleys „The romance of teams“. Wir haben die Studie gelesen und fassen zusammen.
Es handelt sich um eine empirische Studie bei zwei amerikanischen Fortune 500-Unternehmen. Dabei wurde jeweils ein Zeitraum von mehreren Wochen vor dem Umzug in ein Großraumbüro und danach untersucht. Unmittelbar nach dem Umzug wurde nicht gemessen, damit eine Gewöhnung an das neue Arbeitsumfeld eintreten konnte.
Beide Firmen hatten das explizite Ziel die direkte Kommunikation der Mitarbeiter zu fördern, vor allem die Face-to-Face-Kommunikation (F2F). Davon versprachen sie sich mehr Kreativität und Produktivität.
Die Forscher untersuchten die Kommunikation mit neuesten technischen Mitteln. Sie bezogen F2F, E‑Mails und Instant-Messanger-Kommunikationen ein. Außerdem maßen sie den Körperabstand und die Dauer der Kommunikationen und Interaktionen. Den Inhalt ließen sie dagegen außer Acht. Nach dem Experiment fanden Gespräche mit den Managern statt, ob der Umzug zu dem gewünschten Ergebnis geführt habe.
Das war in beiden Unternehmen nicht der Fall. Das eine Unternehmen nannten die Forscher OpenCO1 und das andere OpenCO2, um die Anonymität zu wahren.
Weniger Interaktion, mehr Schriftverkehr
In beiden Firmen sank die Zahl der F2F Kommunikationen und die schriftliche Kommunikatin nahm zu.
- “Although OpenCo1’s primary purpose in opening up the space had been to increase F2F interactions, the 52 participants now spent 72% lesstime interacting F2F. Prior to the redesign, they accumulated 5266 min of interaction over 15 days, or roughly 5.8 h of F2F interaction per person per day. After the redesign, those same people accumulated only 1492 min of interaction over 15 days, or roughly 1.7 h per person per day!”
- “IM message activity increased by 67% (99 more messages) and words sent by IM increased by 75% (850 more words). Thus—to restate more precisely—in boundaryless space, electronic interaction replaced F2F interaction.”
Das Fazit ist also, dass die elektronische Kommunikation die F2F Interaktion nahezu ersetzt hat. Das war bei der zweiten Firma ähnlich:
- Our two empirical field studies were consistent in their answer: open, unbounded offices reduce F2F interaction with a magnitude, in these contexts, of about 70%. Electronic interaction takes up at least some of the slack, increasing by roughly 20% to 50% (as measured by ‘To:’ received email).
Die Mitarbeiter kapselten sich mehr ab, isolierten sich und trugen oft Kopfhörer, möglicherweise, um so beschäftigt wie möglich zu wirken.
Großraumbüro schlecht für komplexes Denken
Die Erklärung für das Phänomen des Absinkens von Kommunikation im Großraum ist vielschichtig. Zwar ist es so, dass soziale Nähe Kommunikation fördert, jedoch behindert sie auch konzentriertes Arbeiten. Komplexe Themen werden effektiver in Einzelarbeit bearbeitet. Zudem steigt in großen Gruppen die soziale gegenseitige Kontrolle. Man sieht, was der Nachbar tut. Wenn alle beschäftigt sind oder tun, wird kaum jemand geneigt sein, sich auf die faule Haut zu legen oder lange zu plaudern. Erst recht nicht, wenn alle zuhören. Das heißt aber lange nicht, dass deshalb alle effektiver arbeiten.
So kann, das ist jetzt unsere Interpretation, statt Co-Working ein Show-Working-Effekt bei der Arbeit entstehen. Es treten zudem verstärkt Effekte wie lazy co-working und Gruppendenken auf.
Am Ende hängt es wohl von der Art der Arbeit und den Möglichkeiten zum Rückzug ab — sowie der Größe der zusammensitzenden Teams und Gruppen. Dass eine schalldichte Telefonzelle mitten im Büro wirklich das Gefühl von Freiheit und Unbeobachtsein schafft, bezweifeln wir. Mit zunehmender Komplexität der Arbeit dürfe zudem der Rückzug wichtiger und die soziale Kontrolle des Großraums schädlicher werden. Frühere Studien haben gezeigt, dass gerade Kreativität durch einen Wechsel von Einzel- und Team- oder Tandemarbeit entsteht.
Entscheider sollten also gut überlegen, ob sie im Zuge von mehr Agilität auch gleich ihre Büros umbauen oder doch eher nach individuellen Lösungen suchen.
Die ganze Studie gibt es hier.
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