Viral Change
Wie Organisationen sich bewegen

Im Moment hoffen viele, dass eine Bewegung gegen Putin in Russland selbst entsteht. Die Hoffnung: Wenn immer mehr Menschen erfahren, was wirklich passiert, richtet sich die Energie der Menge gegen das, was sie im Kern bedroht. Das Commitment übersteigt dann jede individuelle Motivation. Wenn es um etwas Größeres, Wichtigeres geht, entstehen Bewegungen.
Das ist auch das Prinzip des Viral Change, das der Berater Leandro Herrero entdeckt, benannt und mit vielen Büchern in die Welt gebracht hat. Hier die wichtigsten Grundzüge, die auch andere Erkenntnisse einfließen lassen.
1. Starke Emotionen
Viral Change funktioniert nur, wenn es starke Emotionen gibt. Es macht also keinen Sinn in einer Alles-Egal-Kultur. Die Energie der Menschen — in Unternehmen der Belegschaft — braucht etwas Kämpferisches. Dabei ist ein “für etwas” immer auch ein gegen etwas anderes. Diese Polarität wird zu wenig gesehen, denn sie verlangt auch eine sehr klare Positionierung. Diese muss jedem verständlich sein. Polarisierung am Anfang ist dabei völlig normal. Und auch, dass die “Beweger” von ihrer Peergruppe in einem schlechten Licht dargestellt werden. Das psychologische Grundmuster ist einfach: Wenn es einen gemeinsamen “Gegner” gibt, dann gibt es auch ein gemeinsames Ziel.
2. Commitment
Aus dieser Logik heraus ist Commitment sehr einfach herzustellen. Commitment erfordert, dass alle sich einig sind. Unterschiedliche Motive und einzelne Interesse sind dann nicht mehr relevant, weil gebündelt. Je größer und eindeutiger das “dafür” und das “dagegen”, desto stärker kann Commitment sein. Das zeigt: Schwache Lippenbekenntnisse sind kein Commitment. Und: 2 hängt mit 1 zusammen.
3. Emotionales Narrativ
Ein Narrativ braucht eigentlich nur eine einfache Grundstruktur:
- Ausgangszustand (“Wir liefern erfolgreiche Produkte”)
- Transformation, durch ein Ereignis ausgelöst (“Wir können/dürfen nicht mehr liefern”)
- (vorläufiger) Endzustand (“Wir finden einen neuen Markt/neues Produkt/machen ganze was anderes”)
Dazu drei Grundzutaten:
- Held (jemand, der echte Leadership zeigt)
- Gegner (das und der Böse)
- Heiliger Gral (kann alles sein, was zum Sieg verhilft)
Hier sieht man auch eine Grundproblematik von Unternehmensnarrativen: Die Geschichten sind hohl oder zu kompliziert. Man kann sich oft schwer auf einen Gegner einigen. Helden sind umstritten. Und Propaganda entsteht nach ähnlichen Mustern.
4. Hohe Verbreitungsgeschwindigkeit
Es muss sich verbreiten können. Dazu braucht es Leadership auf verschiedenen Ebenen — sowohl von der formalen Seite im Management als auch von unten und aus der Mitte. Wobei das mit der formalen Seite im Unternehmenskontext die größte Herausforderung ist. Es funktioniert nur, wenn das Motiv das gleiche ist wie bei den informellen Leadern. Und: Wir reden von Leadern, nicht Managern, nicht Menschen, die nur eine Funktion oder Position bekleiden. Da muss also überhaupt erstmal jemand dabei sein.
Wie sich informelles Leadership verbreitet erkennen wir zum Beispiel im Video “Dancing Guy” — es weist darauf hin, wie wichtig der zweite “Tänzer” ist. Wer das Video nicht kennt, hier ist es. Aktuell können wir die Wirkungsweise von Leadership sehr gut bei Woldomor Selensky beobachten.
5. Tipping Point
Der Tipping Punkt ist der, an dem aus einer kleinen, begrenzten Bewegung eine große wird. Wenn plötzlich alle auf die Straße gehen oder immer mehr aufbegehren, ist dieser nahe — und erreicht, wenn die Bewegung stärker ist als das, was bisher festhält. Das braucht alle vorher genannten Faktoren. Und natürlich ist es leichter, zum Tanzen dazuzukommen als in eine gefährliche Situation, die sanktioniert wird. Manchmal entsteht der Wandel aber nur da, wo gerade das der Fall ist. Da riskieren Menschen was. Und hier wird vielleicht auch der Unterschied zwischen Gesellschaften und Organisationen deutlich: Natürlich riskiere ich mehr für mein Land, meine Sicherheit, meine Lieben als für meine Organisation. Es sei denn, sie ist mir sehr, sehr wichtig.
Wie aber schaffen Menschen, die etwa verändern wollen, viral Change? Indem Sie einen Rahmen schaffen, indem etwas entstehen kann. Herrero spricht dabei von 5 Disziplinen, die den oben genannten Punkten sehr ähnlich sind:
Die 5 Disziplinen des Viral Change nach Herrero
- Verhaltensveränderung durch social copying: Kopieren und Nachmachen: 3–4 Verhaltensweisen, die einfach zu verstehen und nachzumachen sind
- Einfluss: Über welchen Einfluss kann man das verbreiten, was man verbreiten will. Es muss ein Skalierbarer Einfluss sein, Peer2Peer.
- Informelle Netzwerke: Viele Wege laufen auf dasselbe zu und verbreiten die Botschaft, die formelle Seite unterstützt es oder verhindert es wenigstens nicht. Die Netzwerke entstehen aber nicht geplant, es wird nur der Boden bereitet, z.B. erhalten die Netzwerke Ressourcen.
- Storytelling: Hier geht es aber nicht um die typischen Managementstories, sondern solche, die alle betreffen und in denen jeder wirksam sein kann. Das braucht die Wahrnehmung “das ist neu” und betrifft auch mich.
- Leadership: Es braucht zwei Arten von Leadership — backstage und formales Leadership und distributive Leadership.
Bild: Pexels.de/Tembela Bohle
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