Was ist was…? Zwischen Teamentwicklung, Teamcoaching und Teamleitung
Eine Abgrenzung mit Homer Simpson und Mickey Maus

Was ist der Unterschied zwischen einem Teamcoach, einem Teamentwickler und einem Teamleiter? Mitunter ist das schwer zu sagen, denn die Übergänge sind fließend. Begriffsverwirrung kommt hinzu, die verwendeten Definitionen sind oft sehr frei. Wir sind in einige wissenschaftliche Studien und Websites getaucht: Unser Ziel war es, eine Begriffsklärung zu finden, die auch Laien verstehen. So haben wir entschieden, einen Versuch zu wagen, Unterschiede bildhaft zu erklären — und dazu mit Mickey Maus und Homer Simpson ein ungewöhnliches Team zu bauen.
Die Begriffe Teamentwicklung, Teambildung und Teamcoaching werden in Deutschland und auch im englischsprachigen Ausland uneinheitlich verwendet. Wir möchten deshalb, eine möglichst klare Linie ziehen und die Begriffe nach unserer Best Practice zu definieren. Dafür müssen wir uns auch noch einmal die kleinste Einheit ansehen, das Team.
Was ist ein Team?
Ein Team definieren wir als eine Gruppe von mehr als zwei Menschen, die ein gemeinsames Ziel haben. Sie müssen nicht permanent zusammenarbeiten; es reicht, wenn sie es zeitweise tun. Oft stellen wir fest, dass der Begriff Team enger gefasst wird. Einige verbinden damit sogar eine untere Hierarchieebene in Unternehmen. Sie verstehen Team als „Abteilung“. Wir fassen den Teambegriff sehr viel weiter. Auch vier unabhängige Bereichsleiter können ein Team sein, wenn sie in einem oder mehreren Punkten zusammenarbeiten (müssen oder wollen). Ein Aufsichtsrat ist ein Team – genauso wie Mitarbeiter, die eine Qualitätsoffensive vorantreiben sollen und sich einmal in der Woche treffen. Eine Person kann somit auch verschiedenen Gruppen bzw. Teams angehören.
Teambildung / Teambuilding
Am Anfang ist da nur ein Haufen, eine Ansammlung von Personen, die zusammen arbeiten sollen. Oft will jeder etwas anderes. Es gibt keine gemeinsame Identität, keine Orientierung, kein gemeinsames Ziel. Stellen Sie sich vor, Dagobert Duck, Micky Maus, Asterix und Homer Simpson bewerben sich bei einem Verlag, der den „Comic 2030“ entwickeln möchte. Damit haben die vier Comic-Figuren zwar ein unkonkretes Ziel, aber noch keine gemeinsame Vision, Identität, Werte. Überhaupt fehlt die wichtigste Basis für Zusammenarbeit: Vertrauen. Noch vertraut keiner dem anderen.
In diesen Situationen setzt Teambildung an. Sie hat zum Ziel, aus einem Haufen unabhängiger Menschen ein Team zu gestalten, das bereit ist, miteinander zu arbeiten. Wichtigste Voraussetzung dafür ist Vertrauen in den jeweils anderen. Da gemeinsame Aktivitäten von Kletterseilgarten bis Brückenbauen oft vertrauensbildend wirken, kommen bei vielen Teambildungs-Maßnahmen solche Events ins Spiel.
Nicht immer reicht das: In einigen Kulturen, Berufsgruppen und bei vielen Menschen ist kognitives Vertrauen noch wichtiger als affektives. Es reicht nicht aus, sich nur zu mögen. Es gilt auch, das Vertrauen in die Fähigkeiten des anderen zu entwickeln. Ein erstes kleines Projekt, zu zweit oder zu dritt ist hier oft wirksamer als der gemeinsame Gang über heiße Kohlen. So lernt man sich kennen: Den freizeitorientierten Homer, den geizigen Dagobert, die schlaue Micky Maus und den raffinierten Asterix. Hilfreich wäre es auch, wenn jeder die Stärken des anderen kennen und schätzen lernt.
Fazit: Teambildung ist kurzfristig auf den Aufbau von Vertrauen ausgerichtet und vor allem für neue und junge Teams wichtig.
Teamentwicklung
Unser Haufen Comicfiguren hatte ein schönes Teamerlebnis beim Floss-Bau. Dagobert hat erkannt, dass sogar ein fauler Coachpotatoe wie Homer Simpson kreative Ideen haben und richtig motiviert sein kann. Doch dann kommt der Alltag. Mit dem gemeinsamen Ziel, dem Comic-Magazin, verbindet jeder etwas anderes. Für Dagobert ist es eine Geldmaschine, Homer will nur einen Nebenjob, da sein Arbeitgeber Kernkraftwerk ihn wieder mal rausgeworfen hat, Micky Maus will intellektuelle Probleme lösen und Asterix richtig was reißen… So wird die Wirkung des schönen Teambuildings bald verpuffen.…
Hier kommt Teamentwicklung ins Spiel, um dauerhaft die maximale Leistung aus Teamkonstellationen zu holen. Teamentwicklung ist keine einmalige Aktion, sondern ein Prozess. Typischerweise orientiert er sich an den Teamphasen nach Bruce Tuckmann:
- Forming, die Gründungsphase
- Storming, die wilde Findungsphase
- Norming, die Regulierungsphase
- Performing, die Leistungsphase
- Adjourning, die Auflösungsphase
Ein Teamentwickler kann dem Team dabei helfen, sein Potenzial zu entfalten. Dies tut er beispielsweise, indem er es anleitet, den Standort, Ziele, Interaktionen zwischen den Teammitgliedern und Veränderungen regelmäßig zu reflektieren. Sehr hilfreich ist es zudem, das Wir-Gefühl zu stärken und Visionen und gemeinsame Werte zu entwickeln. Diese müssen sich natürlich in den organisationalen Kontext fügen.
Eine Vision würde auch unserem Comicfiguren-Team sehr gut tun. „Unser Magazin soll das lustigste Taschenbuch aller Zeiten werden“: Damit erreicht man sowohl den geizigen Dagobert als auch den faul-tumben Homer, die schlaue Micky Maus und den raffinierten Asterix. Hilfreich wäre es auch, wenn jeder die Stärken des anderen kennen und schätzen lernt. Was bei Homer etwas schwerer fällt… aber genau das kennzeichnet auch die Herausforderungen in diversen Teams. Es muss nicht jeder dasselbe leisten, entscheidend ist, dass jeder sein Bestes gibt.
Teamcoaching
Teamentwicklung ist der Überbegriff, Teamcoaching die Maßnahme. Wissenschaftlich betrachtet hat Teamcoaching drei Dimensionen: eine motivationale, eine beratende und eine didaktisch-pädagogische. Teamcoaching kann auch punktuell ansetzen, etwa bei Konflikten oder anderen Dysfunktionalitäten im Team. Der Teamcoach moderiert dabei den Prozess der Lösungsfindung, gibt Impulse, setzt aber auf die Fähigkeit des Teams, sich selbst zu helfen. Nehmen wir an, im Team gibt es Streit zwischen Dagobert und den anderen, weil Dagobert sein eigenes Süppchen kocht. In einem Workshop versuchen die vier Comicfiguren gemeinsam eine Lösung zu finden. Der Teamcoach hat die Aufgabe, dies so zu moderieren, dass Interaktionen möglich sind. So kann das Team die Regel ausgeben, dass nicht aufeinander geschimpft wird. Der Teamcoch kann anregen zwischen Position („ich will, dass Homer aus dem Team verschwindet“) und Interesse („ich möchte endlich meine Arbeit machen“) zu trennen. Um nur ein kleines Beispiel zu nennen.
Teamleitung
Teamleitung ist eine Aufgabe, zu der der Prozess der Teamentwicklung gehört und Teamcoaching als Maßnahme gehört. Jeder Teamleiter ist damit auch Teamentwickler und Teamcoach. In einer lateralen Funktion ohne formalen Führungsauftrag beeinflusst er allein durch Teamentwicklung und Teamcoaching das Verhalten der Teammitglieder.
In der heutigen Arbeitswelt sind viele Teamleiter jedoch mit einem disziplinarischen Auftrag ausgestattet, der ihnen Positionsmacht und damit weitere Einflussmöglichkeiten verleiht. Diese stehen in einem gewissen Widerspruch zum Coachingauftrag, der auf Hilfe zur Selbsthilfe fußt, also auf Freiwilligkeit und der Perspektive der Augenhöhe statt der formalen Macht. Zudem hindern Fachaufgaben viele Teamleiter, ihre Teamentwicklungs- und Teamcoachingaufgaben zu erfüllen. Mehr noch als ein externer Teamcoach oder Teamentwickler muss ein interner deshalb lernen, sich innerhalb seiner unterschiedlichen Rollen zu bewegen und diese auszufüllen. An seiner Teamentwicklungs- und Teamcoachingfunktion ändert das jedoch nichts. Seine Instrumente, Methoden und Tools sind dieselben.
Bestimmen wir Micky Maus zum Teamleiter ohne disziplinarischen Auftrag, liegt es also in seiner Hand das Team zu entwickeln und mit Teamcoaching leistungsfähig zu halten und zum Projekterfolg zu führen. Zusätzlich muss er sich auch um die Bedürfnisse des einzelnen Teammitglied kümmern. Für Homer sollte er dabei etwas mehr Zeit einplanen als für Asterix…
Systemische Teamentwicklung und systemisches Teamcoaching
Systemisch leitet sich von der Systemtheorie ab. Systemische Ansätze fußen auf dem Gedanken, dass Menschen Teile von Systemen sind. Menschen agieren in einem System mit wechselseitigen Beziehungen. Es gilt also das Team insgesamt zu betrachten, seine Beziehungen nach außen und nach innen – und nicht die einzelne Person. Man kann den Menschen nicht losgelöst von seinem Umfeld und Einflussgrößen der Organisation und des privaten Umfelds betrachten. Daraus leitet sich die Forderung ab, im Coaching unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und die Selbsthilfekompetenz des Teams zu stärken.
Auf unser Comic-Team bezogen, sieht das so aus: Jeder der vier Teammitglieder ist nicht nur Teil des Teams, sondern auch Teil einer Organisation. Gleichzeitig haben alle noch ein Privatleben und Nebenberufe. In diesem Kontext agieren sie und gestalten ihre Beziehungen. Nun haben unsere Comicfiguren ein Problem mit dem Leistungsgefälle. Drei Teammitglieder klagen über das lazy coworking und Trittbrettfahren von Homer. Eine systemische Lösung kann es sein, alle gemeinsam wertschätzend reflektieren zu lassen. Welchen Anteil hat jeder einzelne am Problem? Da wir davon ausgehen dürfen, dass der Mensch sich nur ändert, wenn sich auch sein Umfeld und seine Rahmenbedingungen wandeln: Was ließe sich am System ändern?
Eine zusammenfassende Übersicht der unterschiedlichen Definitionen sehen Sie unten. Eine Abgrenzung der Felder Teamentwicklung, Teamcoaching und Teamleitung ohne Homer und Micky Maus erhalten Sie hier.
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Eine schöne Zusammenfassung! Oft werde ich in meinen Teamentwicklung Seminaren gefragt, was denn der Unterschied zwischen Teamentwicklung und Teamcoaching sei, dieser wird hier für den Laien sehr deutlich. Viele Grüße, Heiner Diepenhorst aus Berlin
Danke für diese tolle prägnante Definition bzw Unterscheidung; WER ist WAS — WANN WO und WIE — auch bieten die Beispiele mit den bekannten COMIC Typisierungen sehr hilfreiche plausible Erklärungen für Teammitglieder. Chefs, die wenig bis gar keine Vorerfahrung mit Teambildung, Teamentwicklung, Teamcoaching, Teamleitung haben, erscheinen jene, auf diese Weise anschaulich dargelegt, offenkundig einleuchtend.
MfG
Gabriele Elisa Haslwanter-Schiestl, Berlin/Innsbruck