Phasen der agilen Teamentwicklung
Vom Forming bis zum Re-Performing

Agile Teams sind besonders leistungsstarke und effiziente kleine Gruppen. Da sie nicht konventionell geführt sind, ist ihre Teamleistung wesentlich davon abhängig, ob die Teamentwicklung gelungen ist. Kenntnisse der Gruppendynamik helfen dem Teamentwickler, Scrum Master oder agile Coach dabei, die Phasen der Teamentwicklung gut zu gestalten.
Agile Teams, die sich selbst organisieren, funktionieren nur, wenn diese Grundlagen agiler Teamentwicklung berücksichtigt werden — was praktisch selten der Fall ist. Denn Teams sind kleine Gruppen, die sowohl effizient als auch effektiv arbeiten sollen. Und das passiert nicht von allein.
Denn immer bewegen sich Teams in verschiedenen Spannungsfeldern, die sich mit dem Gruppenfelder-Modell von Riemann und Thomann erklären lassen.
- Nähe versus Distanz (oder auch Bindung versus Autonomie)
- Wechsel versus Dauer (oder auch Regelfreiheit/Kreativität versus Regelorientiertheit/Konformismus)
Aus diesen Orientierungen ergeben sich Konflikte, deren Typus sich an den Gruppenfeldern ablesen lässt. Ein Gruppenfeld ist dabei der Ort, wo sich die Mehrzahl der Gruppenmitglieder einordnen lässt, z.B. bei Distanz und Dauer. Daraus ergeben sich schließlich Heimathäfen des Verhaltens.
Themen der Teamentwicklung
So sind manche Gruppen als “Haufen” stark Wechsel- und Distanzorientiert — einige verwechseln das mit “agil”. Andere haben ihren Schwerpunkt im Gruppenfeld Dauer-Wechsel — und sind dort oft zu struktur- und regelorientiert für Situationen, in denen es um Transformation und Veränderung geht.
Themen der Teamentwicklung ergeben sich oft aus der jeweiligen Orientierung.
Ausbildung in Teamentwicklung — der Weg zu Flexibilität in Denken und Handeln
Der jeweilige Teamentwickler oder die Teamentwicklerin sollte sich dahin orientieren, wo die Gruppe ihr Manko hat: Deshalb ist unsere Ausbildung in Teamentwicklung stark darauf ausgerichtet, flexibles Verhalten zu entwickeln. Denn wenn ein stark Dauer-distanzorientiertes Team kreatives Handeln lernen soll, helfen ihm zusätzliche Strukturen oder Regeln kaum weiter. Es geht hier vielmehr um etwas “Gegengift”. Die Entwicklung einer Gruppe zum Team ähnelt somit stark einer Gruppenpersönlichkeitsentwicklung, die stets zwischen den Polen Ich und Wir abläuft oder auch zwischen den Polen Integration (Wir zusammen) und Differenzierung (Ich in der Gruppe). Wichtig ist hierbei auch die Berücksichtigung von verschiedenen Phasen der Teamentwicklung.
Verschiedene Phasen der Teamentwicklung, die reflektiert werden müssen
Teams entwickeln eine eigene Persönlichkeit, wobei sie auch ohne Begleitung durch eine Teamentwicklerin verschiedene Phasen durchlaufen. Diese Phasen bilden sich im Großen und Kleinen ab. Sie sind vor allem ein Denkmodell, da sie wissenschaftlich nicht nachweisbar sind (siehe dazu unseren Beitrag über Teammodelle).
Dennoch hilft das bewusste Erleben den Teams sehr bei der eigenen Entwicklung. Phasen dürfen deshalb weder unterbrochen und abgekürzt, noch ausufernd verlängert werden. Im Zentrum steht die aktive Reflexion.
Beispiel aus der Phase Norming: Hier werden bisher informelle Gruppenregeln in eine formelle Gruppenkonvention überführt. Ist ein Teil des Teams damit still und heimlich nicht einverstanden, wird dies zu Widerstand führen und läuft dem Commitment entgegen.
Vier zentrale Entwicklungsschritte in den Tuckman-Phasen
Der US-amerikanische Psychologe Bruce Tuckman hat 1965 sein Modell zu immer wiederkehrenden Phasen in der Teamarbeit entwickelt. Es erklärt uns vier aufeinanderfolgenden Entwicklungsschritte (Forming, Storming, Norming und Performing) von Gruppen über die Zeit. Diese Phasen der Teamentwicklung wiederholen sich im Großen wie im Kleinen ständig.
Performing ist dabei kein Endzustand, sondern kann sich durch Storming jederzeit wieder auflösen. Storming kann sich dabei auch in „lazy co-working“ und subtilen Blockaden zeigen. Auch hier die Regel: Entscheidend ist die Reflexion — erst wenn etwas bewusst wird, und zwar allen, wird der Prozess zu Autonomie und Bindung führen, können Stärken des Einzelnen auch im Team wirken.
Hier die vier Phasen nach Tuckman:
- Forming – die Einstiegs- und Findungsphase (Kontakt)
- Storming – die Auseinandersetzungs- und Streitphase (Konflikt)
- Norming – die Regelungs- und Übereinkommensphase (Kontrakt)
- Performing – die Arbeits- und Leistungsphase (Kooperation)
Erweiterung mit Adjourning und Re-Performing:
Projektteams und Sportteams bleiben oft nur vorübergehend zusammen, anders als beispielsweise Teams aus Forschung und Entwicklung. Hinzu kommt, dass Fluktuation automatisch auch zu einer Erneuerung führt.
Aus diesem Grund ist es sinnvoll zwei weitere Phasen der Teamentwicklung mitzudenken:
5. Adjourning – die Auflösungs- aber auch Abschiedsphase und
6. Re-Performing — die Phase der Justierung und Erneuerung
Phasen unterschiedlich intensiv
Das Modell ist mit 4, 5 oder 6 Phasen dennoch immer eine vereinfachende Beschreibung der Realität.
Die Phasen treten in unterschiedlicher Intensität auf. „Storming“ beispielsweise macht sich mitunter nur sehr verdeckt bemerkt. Alle Phasen sind jedoch wichtig und unumgänglich, damit Teams sich entwickeln und wachsen, Herausforderungen annehmen, Lösungen erarbeiten und Probleme bewerkstelligen können.
Nicht einmalig und auch keine Teamuhr
Mit einem einmaligen Workshop ist es bei der Teamentwicklung nicht getan: Konventionen ändern sich laufend. Es beginnt etwa damit, dass ein oder zwei Teammitglieder Vereinbarungen anders interpretieren. In einem reifen Team wird darüber regelmäßig gesprochen werden, irgendwann braucht es nur noch punktuell externe Moderation.
Ein Grund für die Annahme, es sei mit einem mal getan, ist die vielfache Interpretation von den Phasen der Teamentwicklung als statische “Teamuhr”. Doch so wie es keinen wissenschaftlichen Nachweis für die erstmals von Tuchman gefundenen Phasen gibt, so ist Team-Entwicklung auch kein Uhrwerk — sondern ein Prozess, der vor allem davon lebt, dass er individuell und flexibel gestaltet wird — siehe hier auch den Verweis auf die Gruppenfelder.
Gruppenziele — selten wird angestrebt, was ausgerufen ist
Ein Missverständnis liegt oft auch in der Teamentwicklungsphase “Performing”. Manche Gruppen funktionieren, weil sie sich einer Konvention unterwerfen, nicht aber weil sie sich mit dem offiziellen Gruppenziel identifizieren. So gibt es immer parallel laufende implizite Ziele, die einzelne oder Teile des Teams erfolgen. Auch das muss auf den Tisch.
Genauso sollte in der Phase “Performing” immer wieder neu verhandelt werden. Die von Tuchman später hinzugefügte Phase “Adjourning” ließe sich auch als Re-Performing deuten.
Die Phasen der Teamentwicklung:
ANFANGSPHASE (FORMING) | KLÄRUNGSPHASE
(STORMING)
|
KONSOLIDIERUNG
(NORMING) |
LEISTUNG
(PERFORMING) |
ABSCHIED
(ADJOURNING oder Re-Performung) |
|
Situation | Kennenlernen | Position finden | Position halten | Abgrenzung | Bilanz |
Pol (woran orientierte ich mich?) | Integration | Differenzierung | Integration | Differenzierung | Integration |
Führung | Gestalten | Normieren | Optimieren | Motivieren | Moderieren |
Fragen an die Teamgestaltung bezogen auf die Gruppe | Wie gestalte ich den Anfang? Was tue ich, um den Kontakt zu fördern? | Welche Werte sind gelebt? Wie viel Normierung ist sinnvoll? Wie kann diese erfolgen? | Wie sichere ich Fortschritt? Wie verhindere ich Stagnation, wenn diese nicht sinnvoll ist? | Wie stelle ich eine Balance zwischen ICH und WIR sicher? Wie messe ich Fortschritt? | Wie stelle ich Nachhaltigkeit sicher? |
Fragen an die Teamgestaltung bezogen auf sich | Wie werde ich akzeptiert? Wie erfülle ich Erwartungen bzw. gebe den Rahmen? | Wie gehe ich vor? Wie viel oder wenig Vorgaben? | Welche Maßnahmen sichern Entwicklung? | Welche Maßnahmen sichern Optimierung? | Was ist meine Rolle danach? |
Anforderung an Einzelne | Kontakt aufnehmen und Beziehung herstellen | Sich anpassen und die eigene Position vertreten | Sich einfügen | Sich verbessern | Sich neu orientieren |
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