Warum Finance und Controlling agiler werden müssen
von Jutta Binias-Hildesheim und Svenja Hofert

Immer noch ist Agilität sehr auf den Bereich Produktentwicklung und IT beschränkt. Vereinzelt finden sich agile Marketingabteilungen oder agile Personalabteilungen. Der Bereich Finanzen blieb jedoch bisher immer außen vor. Ein fataler Fehler findet Jutta Binias-Hildesheim, die zu unserer Beratergruppe gehört und demnächst das Thema Agilität für Nicht-ITler für Teamworks in München anbietet. Die ehemalige Geschäftsführerin eines Dax-Konzerns und Chefcontrollerin eines mittelständischen Unternehmens hat mit Svenja Hofert den folgenden Beitrag verfasst. Agilität und Finance, das scheint eine Quadratur des Kreises. Wie kann eine Abteilung, die von langfristiger Vorausplanung lebt, sich für schnelles und flexibles Arbeiten positionieren? Wir finden: Sie kann – wenn sie die Digitalisierung annimmt, Agilität richtig versteht und sich neu aufstellt. Das würde auch die Position der Finanzen in Unternehmen verbessern. Denn Buchhaltung und Controlling laufen Gefahr im Zuge der Digitalisierung immer mehr zum Hemmschuh zu werden und aufs Abstellgleis zu geraten.
Hybrid ist normales Sowohl-als-auch
Zwar arbeiten die meisten Unternehmen inzwischen in irgendeiner Form hybrid, vereinen also agile und nicht-agile Bereiche, jedoch sind Finanzen ähnlich etwa wie auch die Rechtsabteilung in Prozesse nicht oder kaum eingebunden. Weder kennen noch verstehen sie die Abläufe aus den agilen Bereichen. Agilität ist vielfach eher Mythos als gelebte Praxis. Das gilt auch umgekehrt: Den agil arbeitenden Mitarbeitern ist oft nicht bewusst, dass die erlebten und oft frustrierenden Grenzen und Beschränkungen nicht nur am „Mindset“ der Finanzen hängt, sondern schlicht auch an regulatorischen Vorschriften, Compliance und Gesetzen. Es fehlt an Wissen auf allen Seiten.
Die erste Maßnahme, die wir Unternehmen empfehlen ist deshalb rein kommunikativer Art. Alle müssen verstehen, wie das Unternehmen Agilität konkret interpretiert und lebt — und was das für agiles Arbeiten bedeutet. Das ist alles andere als selbstverständlich. Der CFO wird bei der Digitalisierung, zu der notwendig zumindest eine gewisse Agilisierung gehört, meist außen vorgelassen. Er lässt es diese Ausgrenzung oft auch einfach zu, vielleicht in der Hoffnung so seine Position zu wahren – ein Trugschluss, denn die Folge ist eher ein Verlust an Einfluss.
Controller als Berater
Ist der CFO und sind die Finanzen abgeholt, muss es im nächsten Schritt um Schnittstellen gehen. Wo passen agile Anforderungen und die Arbeitsweise der Finanzen zusammen und wo nicht? Wer arbeitet wie und braucht was? Wie müssen sich Abläufe ändern? Welche Planungsaspekte können etwa bei den agilen Teams verbleiben – und welche beim Controller? Hat dieser demnächst vielleicht immer mehr beratende Aufgaben? Was bedeutet das für das eigene Führungsverständnis?
Agiles Führen wird definiert als Führen in einem Kontext von Selbstorganisation. Nun ist Selbstorganisation aber nicht gleich Selbstorganisation — es gibt verschiedene Stufen. Je crossfunktionaler ein Team, desto höher das Konfliktpotenzial und die Anforderungen an persönliche Reife, desto wichtiger im Allgemeinen laterale, also moderierende und coachende Führung. Auch der Bereich Finanzen sollte sich dem öffnen. Zunehmende Verzahnung mit anderen Bereichen erfordert immer öfter eben auch Kompetenzen in lateraler Führung. Denn mit der Crossfunktionalität und zunehmender Multiteamarbeit — immer mehr Mitarbeiter arbeiten in mehreren Teams gleichzeitig — steigen Abstimmungs- und Kommunikationsaufwände, erhöht sich die Reibung und steigen Konfliktpotenziale.
Keine Führung ist so anspruchsvoll wie die laterale
In unserem letzten Seminar meinte ein Teilnehmer nach einer Übung, dass er nun gemerkt habe, wie unglaublich anspruchsvoll d laterale Führung sei. Nicht zu vergleichen mit hierarchischer Führung, die auf Positionsmacht zurückgreifen kann. Eine Best Practice für Finanzer könnte sein, sich laterale Kompetenzen in den Bereich zu holen, also Kenntnisse in Teamentwicklung und Coaching. Nicht jeder in der Finanzabteilung muss lateral führen können, aber zumindest jene Personen, die oft und intensiv an Schnittstellen arbeiten.
Die klassische Finanzabteilung zeigt aber nicht nur in der Führung, die eher als Management interpretiert wird denn als Leadership, in der sich schnell verändernden Arbeitswelt erhebliche Schwächen. Auch Aufgaben und Abläufe sind vielfach bis ins kleinste Detail festgelegt, beispielsweise bei der regelmäßig zu erstellenden Budgetierung und Liquiditätsplanung. Das klingt auch erst einmal vernünftig, macht die Abteilung aber undynamisch: Ändern sich Anforderungen oder Rahmenbedingungen, sind festgelegte Abläufe wertlos, bis man sie anpasst. Das ist zeit- und kraftraubend. Viel besser wäre es Prozesse offen zu halten und wie in einer Iteration immer wieder flexibel und in kurzen Zyklen anzupassen.
Controlling der Zukunft
Ein Blick in die Controllingabteilung vieler Unternehmen zeigt: Die strategischen Elemente des Controllings und die serviceorientierte Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen sind zugunsten rein zahlengetriebener, shareholder-orientierter Fokussierung weitgehend verloren gegangen. In Projekte anderer Unternehmensbereiche sind die Finanzer nur selten eingebunden, bei der Agilisierung spielen sie bisher so gut wie keine Rolle.
Was ist zu tun? Wenn agile Transformation die Flexibilisierung bestehender Prozesse und kultureller Gewohnheiten und eine schnelle Anpassung an geänderte Rahmenbedingungen bedeutet, dann besteht wohl kein Zweifel mehr daran, dass der Finanzbereich mitziehen muss. In diesem Sinne: Ärmel hoch!
Mehr Impulse liefert Jutta Binias-Hildesheim in ihrem Webinar „Agilität und Finance/Verwaltung“ am 18.12.2017 um 17 Uhr. Hier können Sie sich anmelden. Unser Kurs “Agiler Führen” in München richtet sich an Teilnehmer, die sich speziell für das Thema “Agilität und agiles Führen für Nicht-ITler” interessieren.
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