Rauchende Schlote und das Aufkommen der Human Relations (Geschichte der Teamarbeit Teil 2)
Frühe Neuzeit bis Nachkriegszeit

Vor dem Einstieg in den zweiten Teil vielleicht noch ein kurzer Rückblick aus der Folge 1: Lessons learnt > Anders als bei den gehorsamen Ameisen zeigt die Primatenforschung bei den Affen, dass sich das Zusammenleben durch Kooperation sowie Geben und Nehmen auszeichnete. Auch die Menschen in der Steinzeit verfolgten jenes Prinzip, um sich vor Gefahren zu schützen. Am Beispiel der Pyramide von Giza erfuhren wir, dass mehrere Experten die Baumaßnahmen vermutlich gemeinsam führten (führen mussten). Ein Musterbeispiel für Teamarbeit zu dieser Zeit! Im Mittelalter erlosch der Teamgeist allmählich, was dazu führte, dass aus Teams Gruppen und Ansammlungen wurden. Hierarchien prägten das Zusammenleben. Alles war streng geregelt, obwohl elitäre Geheimbünde weiterhin den Teamgeist trugen. Lesen Sie nun, wie die Geschichte weiterging …
Frühe Neuzeit: Diversität in der Wissenschaft
Der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit ist durch die Aufklärung gekennzeichnet, die etwa um 1700 begann. Schon vorher, 1660, hatte die Royal Society of London den freien Austausch von Ideen und die Wahrheit in wissenschaftlichen Belangen ausgerufen. Dieses Credo erinnert an das fast 350 Jahre später installierte Agile Manifesto, über das wir noch sprechen werden: Ging es doch auch um die Wahrheit, um den Fortschritt, um das Weiterkommen. Teilnehmer waren unter anderem Sir Isaac Newton und Dampfmaschinen-Erfinder Robert Hooke. Die Gesellschaft lud Wissenschaftler in aller Welt zur Mitgliedschaft ein, egal welcher Nationalität sie waren und gleich ob das Land sich im Krieg mit einem anderen befand. Dies lässt sich fast schon als Diversity bezeichnen, also als bewusste Gestaltung von Vielfalt. Vertrauen (Trust) in Form von Respekt, Wertschätzung, Unterstützung und Verantwortlichkeit, siehe unsere Bausteine für die Teamarbeit, waren ausgesprochene und gelebte Werte.
Hierarchische Trennlinien begannen sich mit der französischen Revolution aufzulösen, die die Menschenrechte brachte — und Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (Schwesterlichkeit?). Einige Jahre zuvor, 1766, hatte Adam Smith mit „The Wealth of the Nations“ einen wissenschaftlichen Bestseller gelandet. Dieser ist insofern von großer Bedeutung für die Geschichte der Teamarbeit, als dass Smith hier die Bedeutung der Arbeitsteilung hervorhob. Nicht Boden und Geldvorräte seien ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg, sondern die Teilung von Arbeit, damals noch handwerklicher Arbeit. Bei Smith geht es allerdings lediglich um Produktivkräfte, wenn er auch im Geiste der Aufklärung die menschliche Vernunft betonte.
Industrielle Revolution: Düstere Zeiten für Kooperation
Die Dampfmaschine holte Arbeiter in Fabriken, wo diese nebeneinander schafften, oft bis zum Umfallen. Wer unten war, war mit den anderen unten. Das aber war auch alles, was verband. Der Mensch wurde immer mehr zur Produktivkraft, an Teamarbeit in unserem heutigen Sinn war nicht zu denken. Die mit dem Ingenieur Frederic Winslow Taylor (1856–1915) begründete wissenschaftliche Betriebsführung zur Produktivitätssteigerung zerlegte auf der Grundlage von Zeit- und Bewegungsstudien einen Arbeitsvorgang in kleinste Einheiten, die keine oder nur geringe geistige Anforderungen stellten, schnell wiederholbar und erlernbar waren. Es entstanden Economies of Scale — Hauptsache, wir produzieren mehr! Koste es den Menschen, was es wolle. Diese Arbeitszerlegung führte oft zu einseitiger körperlicher und geistiger Belastung, Monotonie und dem Gefühl von Fremdbestimmtheit. Für diese Zeit etablierte sich auch der Begriff „scientific management“ – eine Form der Optimierung, in der ein Mensch keine Rolle spielte. Im Zuge der Arbeitszerlegung entstanden auch Arbeitsgruppen, die nur den einen Handgriff ausführten, und solche, die nur eine Schraube drehten. Auf diese Weise konnte die Stückzahlenproduktion erhöht werden — die “econonomies of scale”.
Der Fordismus: Gib dem Arbeiter Geld
Wie kann der Mensch immer produktiver werden? Welche Anreize brauchte er? Der Fordismus brachte auch die Anreizsysteme in die Fabriken. Die Arbeiter sollten für ihre Mühen gutes Geld bekommen. Dahinter steckte der Glaube, dass Geld zu mehr Leistung motiviere. Henry Ford wollte es jedem Amerikaner ermöglichen, ein Auto zu fahren – Ziel war es, die Kosten zu senken, damit dies möglich war. Die Veränderungen brachten die Schichtarbeit, eine weitere Verstärkung der tayloristischen Arbeitsteilung, aber auch eine bessere Bezahlung und eine Arbeitnehmervertretung, die Gewerkschaften — als Gegengewicht zum Industriellen. teamarbeit? In dieser Zeit ging es nur um Gruppen. Das hatte mit Teamarbeit rein gar nichts zu tun.
Hawthorne-Studien: Die Entdeckung des Menschlichen
Die industriellen Entwicklungen im Auge führten die Harvard-Professoren Mayo und Roethlisberger 1927–1932 in den Hawthorne-Werken der Western Electric Company in den USA empirische Studien durch. Sie fanden heraus, dass Human Relations, also menschlich-soziale Beziehungen, auch für die Produktivität wichtig sind. Dies fanden sie in einem später umstrittenen Experiment heraus. So ließen sie Arbeiter im Dunkeln arbeiten. Die Beziehungen untereinander schienen so stark, dass das — wider Erwarten — nichts ausmachte. So entstand die Human-Relations-Bewegung, die die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zwischenmenschlicher Beziehungen — eben auch in Gruppen — in den Vordergrund stellte.
Für die Arbeitspsychologie hatten die Hawthorne-Studien eine große Bedeutung. Unter dem Einfluss dieses klassischen Experiments entwickelten sich seit den 1960er Jahren teilautonome Arbeitsgruppen, zunächst in Japan. Ziel war es, dass sich die Gruppen zu einem Teil selbst organisieren, die Verantwortung übernahmen, dass aber auch soziale Aspekte zur Geltung kamen. Zu den Aufgaben einer solchen teilautonomen Arbeitsgruppe gehört etwa die Personaleinsatzplanung und die Aufgabenverteilung. Bis in die 1990er Jahre hatten 95% aller Industriebetriebe diese teilautonomen Arbeitsgruppen installiert. In diesen Jahrzehnten entstanden auch mehr und mehr Qualitäts- und Gesundheitszirkel, die selbstorganisiert Verbesserung vorantreiben sollten.
Text: Teamarbeit mit Bartek Kreblewski
Lesen Sie im dritten Teil: Von der Gruppe zum Team. Ersten Teil verpasst? Hier lesen.
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