Kon­flik­te in der agi­len & digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on erken­nen, ver­mei­den und lösen

Die agi­le und digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on bringt Kon­flik­te her­vor, die mit die­sen spe­zi­el­len Ver­än­de­run­gen und ihrer Ana­to­mie und Psy­cho­lo­gie zu tun haben. In einer sich agil trans­for­mie­ren­den Orga­ni­sa­ti­on beob­ach­ten wir so spe­zi­fi­sche Kon­flikt­ar­ten, die Sie (er)kennen soll­ten. (aktua­li­siert 1.7.2022)

Bei agi­len Trans­for­ma­tio­nen wird oft eine Men­ge unter den Tep­pich gekehrt. Bloß schnell arbeits­fä­hig sein, am bes­ten gar kein Stor­ming und direkt rüber zum Per­forming — um es mit den Tuck­­man-Team­­­pha­­sen aus­zu­drü­cken. Ger­ne wer­den Kon­flik­te in der agi­len Trans­for­ma­ti­on ver­drängt. Jeder erfah­re­ne Team­ent­wick­ler und Coach weiß, wie gefähr­lich das ist. Denn ver­dräng­te Kon­flik­te wer­den “kalt” und dro­hen wich­ti­ge Vor­ha­ben zu sabotieren.

Vie­len Unter­neh­men ist nicht bewusst, was bei Ver­än­de­run­gen mit der mensch­li­chen Psy­che geschieht. Das führt dazu, dass Agi­li­tät oder digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on oder bei­des aus Manage­ment­sicht ein­ge­führt wer­den wie eine Soft­ware. Aus der Sicht der Mit­ar­bei­ten­den fühlt sich das so an: Auf­ge­dreht wer­den wie eine kal­te Dusche.

Fall­bei­spiel: Per­sön­li­che Prä­gung passt nicht zum dis­rup­ti­ven Umfeld

Stel­len Sie sich einen mit­tel­al­ten Mann vor, nen­nen wir ihn Max. Max arbei­tet in einer Bank, wobei Bank wahl­wei­se ersetz­bar ist durch ein ande­res dis­rup­ti­ves Umfeld. So wie Max auch Mari­on oder Alex­an­der hei­ßen könn­te. Sei­ne beruf­li­che Iden­ti­tät hat er auch des­halb in die­ser Bran­che gewählt, weil er ein siche­res Umfeld such­te. Bank­kauf­mann und Bank­be­triebs­wirt wird man typi­scher­wei­se nicht, weil man die Welt ver­än­dern möch­te oder eine beson­ders risi­ko­freu­di­ge und welt­of­fe­ne Per­sön­lich­keit besitzt. Und selbst, wer ursprüng­lich als Welt­ver­bes­se­rer sei­ne Kar­rie­re star­te­te, wird von sei­nen ers­ten Berufs­jah­ren bran­chen–  und unter­neh­mens­spe­zi­fisch geprägt.  Das Wort Prä­gung möge man sich hier bit­te bild­lich wie die Prä­gung einer Mün­ze vor­stel­len: Eine Prä­gung bestimmt, was man sieht und was man fühlt.

 Wertekonflikte

Kar­rie­re war für Max lan­ge vor allem an Auf­stieg gebun­den. Sei­ne Eltern mes­sen ihn heu­te noch an sei­ner Posi­ti­on im Orga­ni­gramm. Der Vater ist immer noch stolz auf frü­he­re Beför­de­run­gen des Soh­nes. Nun ist Max aber in Fol­ge der agi­len Trans­for­ma­ti­on kein Bereichs­lei­ter mehr, son­dern Agi­le Mas­ter. Die Rol­le Pro­duct Owner hat ihm ein ande­rer weg­ge­schnappt, dabei hat die Geschäfts­füh­rung an der Stel­le das agi­le Pull-Prin­­zip durch­bro­chen. Man woll­te den „ande­ren“ Kol­le­gen für die meist als pres­ti­ge­träch­ti­ger wahr­ge­nom­me­ne Rol­le. Pro­duct Owner hat mehr mit Sache und Ana­ly­se zu tun als Scrum oder Agi­le Mas­ter — so denkt man viel­fach immer noch. Und bewer­tet die­se Tätig­keit in alter Indus­­trie-Zei­t­al­­ter­­tra­­di­­ti­on nicht nur finan­zi­ell höher.

Max ist brav und flei­ßig, aber wird abgewählt

Max ist immer brav gewe­sen und flei­ßig, weil man früh ange­leg­te Wer­te nicht so ein­fach aus dem Kopf raus­kriegt. Anpas­sung wür­de er nie als per­sön­li­chen Wert for­mu­lie­ren, aber auch sie setzt einen star­ken Impuls. So trägt Max die Ver­än­de­run­gen voll mit. Den Zugang zu eige­nen Gefüh­len hat er früh abge­schnit­ten. Max kann also nicht genau wahr­neh­men, was in ihm vor­geht. Erst recht kann er das nicht ver­ba­li­sie­ren bzw. hiel­te es für ein Zei­chen von Schwä­che. Dass ein Wort Bedeu­tung erst schafft – ein sol­cher Gedan­ke kommt ihm gar nicht erst.

Dre­hen wir die Uhr weiter:

In dem einen Fall wer­den die Teams selbst­be­wuss­ter, erfah­re­ner mit agi­len Arbeits- und Denk­wei­sen. Sie wäh­len Max als Agi­le Mas­ter ab. Jetzt hat er noch das Gehalt das Bereichs­lei­ter, aber alles ande­re ist weg. Er geht in den pas­si­ven Wider­stand. Allein sei­ne Anwe­sen­heit zeigt allen, was den Ehe­ma­li­gen droht.

In dem ande­ren Fall, ver­hält er sich wei­ter als Bereichs­lei­ter und sabo­tiert alle Vor­ha­ben, das Team zu befä­hi­gen. Natür­lich unbewusst.

Max als Pro­to­typ der Agi­len Transformation

Max will eigent­lich, aber auch wie­der nicht. Max ist der typi­sche Agi­­le-Tran­s­­for­­ma­­ti­ons-Case. Men­schen reagie­ren auf Bedro­hung – und Ver­än­de­rung ist eine Form von Bedro­hung, sobald sie deut­lich über die Kom­fort­zo­ne geht und unfrei­wil­lig erfolgt — mit Flucht, Erstar­ren, Ablen­kung oder Kampf. Trans­fe­riert in die Unter­neh­mens­welt, zeigt sich Wider­stand  des­halb oft nur indirekt:

  • Da bau­en Füh­rungs­kräf­te 120-sei­­ti­­ge Foli­en­sät­ze mit Trans­for­ma­ti­ons­be­kennt­nis­sen (anstatt mal was auszuprobieren).
  • Es gibt über­all ein Plus, aber nir­gends ein Minus.
  • Es wird nicht in drei Dimen­sio­nen der Orga­ni­sa­ti­on gedacht (Auf­­­bau- und Ablauf­or­ga­ni­sa­ti­on sowie Ana­to­mie und Neu­ro­lo­gie, hier Bei­trag)
  • Da bekräf­tigt man, schon immer agil gewe­sen zu sein und ver­mei­det jede Selbst­re­fle­xi­on dar­über, dass sich schnell Abstim­men eben kein Dai­ly ist.
  • Da sucht man nach dem Neu­en und ver­steht nicht, dass das Neue auch und gera­de eine neue Inter­pre­ta­ti­on des Alten ist.
  • Da ver­schanzt man sich hin­ter neu­en Begrif­fen und sieht nicht des Kai­sers neue Klei­der (ja, in Wahr­heit ist agi­les Arbei­ten für jemand der Offen­heit nicht gewohnt ist, schon ein biss­chen wie nackt sein).

Agi­le Kon­flikt­her­de und Konfliktarten

Allein dar­aus erge­ben sich zahl­rei­che Kon­flikt­her­de, die explo­siv sind, denn sie sind oft weit­ge­hend unbe­wusst — und wer­den eben nicht sel­ten ver­deckt aus­ge­tra­gen. So ist zu ver­mu­ten, dass Kon­flikt­mo­de­ra­ti­on (als Form der Mode­ra­ti­on, die auf Kon­flik­te aus­ge­rich­tet ist) und Media­ti­on (die u.a. All­par­tei­lich­keit und Frei­wil­lig­keit erfor­dert) für Unter­neh­men in der agi­len Trans­for­ma­ti­on extrem wich­tig sind.

Zudem sind die Rol­len und Berufs­bil­der im agi­len Kon­text oft nicht sys­te­misch gedacht. Wer ist bei­spiels­wei­se für Kon­flikt­lö­sung zustän­dig? Als Teil des Team­sys­tems kann der Agi­le oder Scrum Mas­ter auf kei­nen Fall zugleich Media­tor sein, denn als Teil des Sys­tems “Team” ist All­par­tei­lich­keit unmög­lich. Er kann aber ein Kon­flikt­be­wusst­sein ent­wi­ckeln und die­se früh­zei­tig erken­nen. Das ist eine wich­ti­ge Kompetenz.

Die Scrum Mas­te­rin oder Agi­le Mas­te­rin mit ent­spre­chen­dem Kom­pe­ten­zen kann aber durch­aus klei­ne­re Kon­flik­te lösen bzw. das Team zur Selbst­hil­fe befä­hi­gen und des­sen Beob­ach­tungs­ga­be schu­len. Hier hel­fen Model­le und Denk­rah­men wie die fünf Funk­tio­nen und Dys­funk­tio­nen.

Intra­per­so­nel­le und inter­per­so­nel­le Konflikte

In der Kon­­f­likt-Theo­rie unter­schei­den wir intra­per­so­nel­le und inter­per­so­nel­le Kon­flikt­ar­ten. Intra­per­so­nel­le Kon­flik­te sind inne­re Kon­flik­te. Ohne Fra­ge neh­men die­se in Ver­än­de­rungs­si­tua­tio­nen zu, wie das Bei­spiel von Max zeigt. Men­schen ver­än­dern sich nicht so ein­fach, weil sie es sol­len. Die Ver­gan­gen­heit wirkt sta­bil auf die Inter­pre­ta­ti­on der Gegen­wart. Wis­sen über die Psy­cho­lo­gie der Ver­än­de­rung ist des­halb zentral.

Inter­per­so­nel­le Kon­flik­te sind Kon­flik­te, die zwi­schen zwei Par­tei­en oder meh­re­ren Per­so­nen statt­fin­den.  Oft sind intra­per­so­nel­le Kon­flik­te beglei­tet von inter­per­so­nel­len Kon­flik­ten oder es bedingt sich gegen­sei­tig. Max ringt viel­leicht mit sich selbst: Da ist ein Teil, der sich nach dem alten Sta­tus sehnt und ein ande­rer, dem der Inhalt der Arbeit wich­ti­ger ist. Da ist aber auch der Kon­flikt mit dem Pro­duct Owner, der ihm die Rol­le weg­ge­schnappt hat. Dass er über die­sen Fakt nicht spricht, son­dern den PO statt­des­sen mei­det und sub­til sei­ne Auto­ri­tät unter­gräbt, um Zweit­racht im Team zu säen, ist ein aus­ge­wach­se­ner und typisch agi­ler Kon­flikt, der Pro­duk­ti­vi­tät behindert.

Wer­­te- und Rollenkonflikte

Intra­per­so­nel­le Kon­flik­te sind beispielsweise:

  • Ver­tei­lungs­kon­flik­te, z.B. ein Streit ums Bud­get, aber auch um Macht, Ein­fluss und Ent­schei­dungs­ge­walt (agi­le Rollen)
  • Inter­es­sen­kon­flik­te, z.B. zwi­schen altem und neu­en Bereich
  • Ziel­kon­flik­te, z.B. zwi­schen Inno­va­ti­on und Tra­di­ti­on oder Kar­rie­re und Fort­schritt des Unternehmens
  • Rol­len­kon­flik­te, z.B. zwi­schen der Posi­ti­on als dis­zi­pli­na­ri­sche Füh­rungs­kraft und der als Konfliktmoderator
  • Wer­te­kon­flik­te, z.B. zwi­schen dem agi­len Wert „Offen­heit“ und dem heim­li­chen Bedürf­nis (das auch auf einen Wert zielt), sein Wis­sen für sich zu behalten

Kon­flik­te im agi­len Umfeld sind beson­ders häu­fig Rol­­len- und Wer­te­kon­flik­te, die viel­fach eben nicht offen aus­ge­tra­gen wer­den, son­dern ver­deckt. Wir möch­ten hier nur kurz auf die im agi­len Umfeld oft spe­zi­fisch benann­ten Rol­len­kon­flik­te etwa zwi­schen Pro­duct Owner und den Stake­hol­dern oder dem Agi­le oder Scrum Mas­ter und dem Team ein­ge­hen. Die­se sind eigent­lich wenig rele­vant, weil sie sich auf eine Ursa­che zurück­füh­ren las­sen: Sie lie­gen in der Tat­sa­che, dass man agi­les Arbei­ten oder eine agi­le Orga­ni­sa­ti­on nicht ein­füh­ren kann.

Stel­len Sie sich vor, jemand hat 50 Kilo zuviel auf den Rip­pen. Die­se Per­son wird nicht mor­gen schlank sein und sport­lich hüp­fen und sprin­gen. Bei Orga­ni­sa­tio­nen ist das genau­so, wenn man begreift, dass die­se auch eine Ana­to­mie haben, die die psy­cho­­lo­­gisch-neu­ro­­lo­­gi­­sche Dimen­si­on beinhal­tet. Und die hat gelernt, sich z.B. schwer­fäl­lig zu bewegen.

Kon­flik­te durch man­gel­haf­te Framework-Kompetenz

Vie­le Kon­flik­te im agi­len Umfeld ent­ste­hen, weil agi­les Arbei­ten nicht wirk­lich ver­stan­den wur­de und wird und Frame­works unzu­rei­chend oder falsch ein­ge­führt wur­den. Bei­spiels­wei­se hat man nicht ver­stan­den, dass Scrum als revo­lu­tio­nä­res Frame­work einen Neu­an­fang erfor­dert. Die Teams müs­sen befä­higt sein. Man kann nicht sagen “arbei­tet mor­gen nach Scrum”.

Fol­gen­de sind typi­sche Konfiktherde:

  • Kan­ban, Scrum etc. sto­ßen auf unkla­re Rah­men­be­din­gun­gen und bekom­men kei­nen Schutz­raum vom Manage­ment. Dann „sticht“ z.B. das Manage­ment über den PO mit­ten im Sprint ins Team, was “eigent­lich” (laut Scrum Gui­de) nicht sein dürfte.
  • Rol­len sind mit Per­sön­lich­kei­ten besetzt, die die­se nicht aus­fül­len kön­nen (z.B. ein Fach­ex­per­te ohne Durch­set­zungs­ver­mö­gen und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kom­pe­tenz als Scrum Master).
  • Agi­li­tät wird nicht in sei­ner Dua­li­tät zwi­schen Action und Reflec­tion (oder neu­ro­lo­gisch Sym­pa­thi­cus und Para­sym­pa­thi­cus) ver­stan­den. Es wird statt­des­sen ein­sei­tig auf Tem­po gesetzt, Refle­xi­on fin­det nicht statt.

Sechs spe­zi­fi­sche Kon­flik­te im agi­len Umfeld

Im nächs­ten Abschnitt möch­ten wir Ihnen nun eini­ge Kon­flikt­ar­ten vor­stel­len, die wir beob­ach­tet und mit den Teil­neh­mern unse­rer Semi­na­re reflek­tiert haben.  Orga­ni­sa­ti­ons­über­grei­fend hör­ten wir immer wie­der von die­sen agi­len Konflikten:

1. Chro­ni­sche kal­te Kon­flik­te, die agil eskalieren

Chro­ni­sche Kon­flik­te sind Kon­flik­te, die bereits vor der agi­len Trans­for­ma­ti­on mani­fes­tiert waren und durch die­se kei­nes­wegs ver­schwin­den — im Gegen­teil. Kon­flikt­mo­de­ra­ti­ons­er­fah­re­ne Teil­neh­me­rin­nen aus unse­ren Kur­sen berich­ten, wie die­se durch agi­les Arbei­ten eher wei­ter eska­lie­ren und sich hoch­schrau­ben. Dar­un­ter “lei­den” gera­de Kon­zer­ne mit einer sta­bi­len Mit­ar­bei­ter­struk­tur. Wenn die Kon­flikt­be­ar­bei­tung nie gelernt wur­de, so wird auch der bes­te agi­le Coach kei­ne Wun­der voll­brin­gen kön­nen. Wir-gegen-die-ande­­ren-Ingrup­­pen-Kon­­f­li­k­­te sind eben­so prä­de­sti­niert nun auf­zu­fla­ckern oder viel­mehr zu ‑lodern. Hier erin­nern wir gern an das alte Rob­­bers-Cave-Expe­ri­­ment aus den 1950er Jah­ren, das zeigt wie schnell sich infor­mel­le Hier­ar­chien aus­bil­den und ein grup­pen­dy­na­mi­scher “die ande­ren sind böse und wir gut”-Effekt auftritt.

Grup­pen haben ein natür­li­ches Bedürf­nis nach Abgren­zung, das gelenkt wer­den kann. Dafür braucht es Bewusst­sein dafür, dass es die­se Bedürf­nis­se gibt und Kennt­nis, wie man sie trans­for­miert — genü­gend Stu­di­en deu­ten dar­auf, dass das geht, z.B. durch posi­ti­ve Iden­ti­täts­bil­dung und Ziel­bin­dung. Für Orga­ni­sa­tio­nen wich­tig ist die Ver­an­ke­rung zen­tra­ler Ange­bo­te. Hier hör­ten wir jüngst von Meta-Media­­ti­on, die im Sys­tem einer grö­ße­ren Orga­ni­sa­ti­on ver­an­kert wur­de. Deren Funk­ti­on ist ähn­lich der Meta-Kom­­mu­­ni­­ka­­ti­on, also der Kom­mu­ni­ka­ti­on über Kom­mu­ni­ka­ti­on, die wir für zen­tral in der digi­ta­len und agi­len Trans­for­ma­ti­on halten.

Tipps, wie Sie sol­che Kon­flik­te vermeiden:

Gar nicht erst erkal­ten und chro­nisch wer­den las­sen — das kön­nen Start­ups. Kon­zer­ne schlep­pen die­se Kom­flik­te schon des­halb mit, weil sie aus der Ver­gan­gen­heit kom­men. Sie zu bear­bei­ten ist zentral.

Ver­mei­den kön­nen Sie sie nicht. Sie soll­ten viel­mehr sen­si­bel dafür sein und erken­nen, dass es sie gibt. Media­ti­on im Sys­tem zu ver­an­kern ist eine sehr gute Idee. Den Wert von Kon­flik­ten wie auch Kon­flikt­lö­sung trans­pa­rent zu machen eben­so. Agi­le Coa­ches soll­ten in Kon­flikt­mo­de­ra­ti­on aus­ge­bil­det sein, sie soll­ten Eska­la­ti­ons­stu­fen erken­nen und von die­sen Inter­ven­ti­ons­maß­nah­men ablei­ten können.

2. Der flexible-Rollen-Konflikt

Frü­her gab es nur eine Füh­rungs­rol­le: Chef war Chef. Dar­aus erga­ben sich ein­fa­che Rol­len­kon­flik­te wie „ges­tern Mit­ar­bei­ter, heu­te Vor­ge­setz­ter“. Die damit ver­bun­de­nen Her­aus­for­de­run­gen sind deut­lich leich­ter zu bewäl­ti­gen als die, die sich aus ver­schie­de­nen und nicht (stark) an Posi­ti­on und Funk­ti­on gekop­pel­ten Rol­len ergeben.

Füh­rung ver­teilt sich durch Rol­len auf meh­re­ren Schul­tern und ist somit kei­ne Ein­­per­­so­­nen-Auf­­­ga­­be mehr. Durch die­se Fle­xi­bi­li­sie­rung des Rol­len­ver­ständ­nis­ses sind auch frü­he­re Exper­ten immer weni­ger fest­ge­legt auf ihr Fach­wis­sen. Sozia­le, per­so­na­le und metho­di­sche Kom­pe­ten­zen wer­den wich­ti­ger. Das erwei­tert die Mög­lich­kei­ten und Viel­falt. Gleich­zei­tig erhöht sich der Anspruch an per­sön­li­che Rei­fe im Umgang mit Wider­sprü­chen und gegen­sätz­li­chen Wert­hal­tun­gen. Und das ist der Knack­punkt, an dem Sie anset­zen sollten.

Tipps, wie Sie sol­che Kon­flik­te vermeiden:

Beruf, Stel­le und Rol­le unter­schei­den. Den Rol­len­be­griff klä­ren. Klar­ma­chen, dass eine Rol­le auch aus­ge­füllt und gelernt wer­den muss. Ein über­zeu­gen­der Schau­spie­ler wird man ja auch nicht, indem man ein­fach sagt, man spielt jetzt den Gärt­ner. Die Rol­le füh­len und in sie wach­sen. Die rich­ti­gen Per­sön­lich­kei­ten für die Rol­len fin­den. Wer das ist, bestim­men eben auch die ande­ren! Rol­len vor­le­ben. Über das geleb­te Rol­len­ver­ständ­nis spre­chen und die­ses feed­ba­cken, kol­le­gia­le Bera­tung einführen.

3. Der Schnittstellen-Kommunikationskonflikt

Wer gehört dazu und wo steht die Füh­rungs­kraft, wür­de man sie auf­stel­len — vor­ne, mit­ten­drin, hin­ter dem Team oder an der Sei­te? Mit wem hat das Team Schnittstellen?

Am grup­pen­dy­na­mi­schen Ingrup­­pen-Ver­­hal­­ten docken sozia­le Kon­flik­te, Rol­len­kon­flik­te und Inter­es­sen­kon­flik­te an. Frü­her arbei­te­te man in sei­nem Bereich, Punkt. Inzwi­schen gestal­tet sich Arbeit immer cross- und trans­funk­tio­na­ler. Dabei knal­len unter­schied­li­che Per­sön­lich­kei­ten anein­an­der: Ängst­li­che und Muti­ge bei­spiels­wei­se, offe­ne und weni­ger offe­ne. Und dann herrscht über­all ein völ­lig unter­schied­li­ches Ver­ständ­nis der Wor­te, die durch die Orga­ni­sa­ti­on geis­tern. Was ver­ste­he ich über­haupt unter digi­ta­ler Trans­for­ma­ti­on? Was bedeu­tet das für mich konkret?

Je unkla­rer Begrif­fe hin­sicht­lich der Bedeu­tung für die eige­ne Per­son sind, des­to dif­fu­ser wird Han­deln. Kom­mu­ni­ka­ti­ons­miss­ver­ständ­nis­se wer­den so schnell zu aus­ge­wach­se­nen Kon­flik­ten. Wir ver­ste­hen uns eben nicht blind. Ganz im Gegenteil.

Tipps, wie Sie sol­che Kon­flik­te im agi­len Umfeld vermeiden:

Begrif­fe ver­brei­ten einen Zau­ber, den Zau­ber der Schwam­mig­keit. Der ist super am Anfang, denn dadurch kann man sich für Unter­schied­li­ches begeis­tern und scheint das Glei­che zu meinen.

Kon­flikt­mo­de­ra­to­ren brau­chen eine erheb­li­che Sprach­sen­si­bi­li­tät, um Unter­schie­de im per­sön­li­chen Ver­ständ­nis über­haupt wahr­neh­men zu können.

Eine Klä­rung, was der eine, und was der ande­re ver­steht, ver­mei­det Kon­flik­te. Men­schen haben eine natür­li­che Ten­denz zu Abgrenzung.

Wer gut-gegen-böse-Fron­­ten ver­mei­den möch­te, muss zudem Aus­gren­zun­gen und Abwer­tun­gen sank­tio­nie­ren. Zudem müs­sen Schnitt­stel­len­po­si­tio­nen mit kom­mu­ni­ka­ti­ons­star­ken Per­so­nen besetzt sein, die gut mit Ambi­gui­tät umge­hen können.

4.  Der verdeckte-Emotionen-Konflikt

Vie­le sozia­le Kon­flik­te im agi­len Umfeld ent­ste­hen, weil Ein­­zel- und Team­per­sön­lich­kei­ten nicht gelernt haben, sich zu reflek­tie­ren und dabei auf Bedürf­nis und Emo­tio­nen, Kon­text und Situa­ti­on zu schau­en. Wer dar­in kei­ne Pra­xis hat, ist oft gefan­gen in der eige­nen Gefühls­welt und kann das Gesche­hen nicht ange­mes­sen von außen betrach­ten. Da wer­den Din­ge per­sön­lich genom­men oder auf sich selbst bezo­gen. Vor allem aber wird bewer­tet, was das Zeug hält: gut, rich­tig, schwarz, weiß.

Je mehr Men­schen in ech­ten Teams arbei­ten (also in unse­rer Defi­ni­ti­on in Teams 3.0 mit gemein­sa­mer Wert­schöp­fung oder gar 4.0 selbst­or­ga­ni­siert), des­to mehr steigt das Niveau (oft auch stil­ler) sozia­ler Kon­flik­te, vor allem wenn weder Per­sön­­lich­keits- noch Team­ent­wick­lung statt­ge­fun­den hat.

Tipps, wie Sie sol­che Kon­flik­te vermeiden:

Wir lei­ten Schu­lungs­maß­nah­men immer noch aus altem beha­viou­ris­ti­schen Über­zeu­gun­gen und dem Kogni­ti­vis­mus ab. Die Psy­cho­lo­gie und die Neu­ro­wis­sen­schaf­ten sind da aber schon wei­ter. Men­schen ent­wi­ckeln sich nur mit und durch Emo­ti­ons­ar­beit — und dazu gehört Refle­xi­on. Also ein­fach: Emo­tio­nen rein. Gern auch Embodiment.

5. Der Karriere-Konflikt

Wie macht man Kar­rie­re? Die Vor­zei­chen haben sich hier stark geän­dert, was Men­schen ver­un­si­chert. Wor­auf soll ich Wert legen?  Wird mein Enga­ge­ment fürs Team wirk­lich belohnt? Auch aus einem ver­än­der­ten und der­zeit schwer fass­ba­ren Kar­rie­re­ver­ständ­nis erge­ben sich Kon­flik­te. So ver­fol­gen immer noch vie­le Ange­stell­te eine „hid­den agen­da“, pas­sen sich z.B. der neu­en vom Vor­stand gewünsch­ten Rich­tung nach außen an, aber nur um Nut­zen davon zu haben. Auch das ist eine Form des stil­len Wider­stands, denn die ande­ren mer­ken das. Das macht sich vor allem auf den mitt­le­ren Füh­rungs­ebe­nen deut­lich bemerkbar.

Hin­zu kommt eine Unklar­heit bei der per­sön­li­chen Wei­ter­ent­wick­lung: Der Exper­te brauch­te frü­her viel­leicht Prä­sen­ta­ti­ons­fä­hig­kei­ten, aber mit Grup­pen­dy­na­mik und der Psy­cho­lo­gie der Ver­än­de­rung muss­te er sich nicht aus­ken­nen. Kon­flik­te im agi­len Umfeld erge­ben sich dann vor allem, wenn im sel­ben Unter­neh­men, der eine jenes und der ande­re die­ses pro­pa­giert und der Mit­ar­bei­ter steht dazwi­schen. Ver­schärft wird das durch wider­sprüch­li­che Beloh­nungs­sys­te­me. So wird kurz­fris­ti­ge Ziel­er­rei­chung belohnt, das Enga­ge­ment für die eigen­stän­di­ge Pro­fil­schär­fung aber nicht, bei­spiels­wei­se wenn ein Mit­ar­bei­ter Wei­ter­bil­dun­gen im metho­­disch-kom­­mu­­ni­­ka­­ti­­ven Bereich aus eige­ner Tasche bezahlt.

Tipps, wie Sie sol­che Kon­flik­te vermeiden:

Dezen­tra­li­sie­ren und indi­vi­dua­li­sie­ren Sie Wei­ter­bil­dungs­ent­schei­dun­gen. Spre­chen Sie über Wider­sprü­che und stär­ken Sie den Blick für eine dyna­mi­sche Sicht auf sich selbst, för­dern Sie ein growth mindset.

Die Hid­den Agen­da darf am Ende auf kei­nen Fall belohnt wer­den — denn dadurch wür­de sich infor­mell zei­gen, wel­che Wer­te wirk­lich gel­ten. Und danach wür­de sich ver­hal­ten, wer wei­ter­kom­men will.

6. Der alte-Zeiten-neue-Zeiten-Wertekonflikt

Einer­seits wis­sen Ihre Mit­ar­bei­ter, dass sie — respek­ti­ve die Orga­ni­sa­ti­on — nur durch Anpas­sung an die neu­en, oft dis­rup­ti­ven Bedin­gun­gen über­le­ben kann. And­rer­seits geht damit ein erheb­li­chen Sta­­tus- und damit psy­cho­lo­gisch immer auch Selbst­wert­ver­lust einher.

Frü­her waren Mit­ar­bei­ter zum Bei­spiel des­halb aner­kannt, weil sie so viel wuss­ten. Die­ses Wis­sen ist heu­te viel­fach immer noch wich­tig, aber es muss ganz anders kana­li­siert wer­den. Die Regel 1+1=2 gilt hier nicht. Es muss des­halb auch über per­sön­li­che Wer­te gespro­chen und die­se gege­be­nen­falls neu gedeu­tet wer­den. Frü­her: “Ich bin wert­voll, weil ich soviel weiß”. Heu­te: “Ich bin wert­voll, weil ich gemein­sam mit ande­ren dar­an arbei­ten möch­te, Wis­sen zu generieren”.

Tipps, wie Sie sol­che Kon­flik­te vermeiden:

Kul­tur­wan­del ist kein stra­te­gi­scher Akt. Man kann Wer­te nicht ein­füh­ren, sie sind lan­ge da. Aber man kann Ver­hal­ten sank­tio­nie­ren oder beloh­nen. Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung ist auch Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung. Oder so aus­ge­drückt: Wenn die Orga­ni­sa­ti­on abneh­men muss, muss ich das auch, ob ich will oder nicht. Damit soll­te auch die Stär­kung von Refle­xi­ons­kom­pe­tenz soll­te im Vor­der­grund ste­hen.  Offen über Kon­se­quen­zen von Ver­än­de­rungs­vor­ha­ben und Wider­sprü­che spre­chen, die­se als nor­mal akzep­tie­ren. Und dar­auf ver­zich­ten, jeden mit­neh­men zu wolen.

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