Konflikte in der agilen & digitalen Transformation erkennen, vermeiden und lösen

Die agile und digitale Transformation bringt Konflikte hervor, die mit diesen speziellen Veränderungen und ihrer Anatomie und Psychologie zu tun haben. In einer sich agil transformierenden Organisation beobachten wir so spezifische Konfliktarten, die Sie (er)kennen sollten. (aktualisiert 1.7.2022)
Bei agilen Transformationen wird oft eine Menge unter den Teppich gekehrt. Bloß schnell arbeitsfähig sein, am besten gar kein Storming und direkt rüber zum Performing — um es mit den Tuckman-Teamphasen auszudrücken. Gerne werden Konflikte in der agilen Transformation verdrängt. Jeder erfahrene Teamentwickler und Coach weiß, wie gefährlich das ist. Denn verdrängte Konflikte werden “kalt” und drohen wichtige Vorhaben zu sabotieren.
Vielen Unternehmen ist nicht bewusst, was bei Veränderungen mit der menschlichen Psyche geschieht. Das führt dazu, dass Agilität oder digitale Transformation oder beides aus Managementsicht eingeführt werden wie eine Software. Aus der Sicht der Mitarbeitenden fühlt sich das so an: Aufgedreht werden wie eine kalte Dusche.
Fallbeispiel: Persönliche Prägung passt nicht zum disruptiven Umfeld
Stellen Sie sich einen mittelalten Mann vor, nennen wir ihn Max. Max arbeitet in einer Bank, wobei Bank wahlweise ersetzbar ist durch ein anderes disruptives Umfeld. So wie Max auch Marion oder Alexander heißen könnte. Seine berufliche Identität hat er auch deshalb in dieser Branche gewählt, weil er ein sicheres Umfeld suchte. Bankkaufmann und Bankbetriebswirt wird man typischerweise nicht, weil man die Welt verändern möchte oder eine besonders risikofreudige und weltoffene Persönlichkeit besitzt. Und selbst, wer ursprünglich als Weltverbesserer seine Karriere startete, wird von seinen ersten Berufsjahren branchen– und unternehmensspezifisch geprägt. Das Wort Prägung möge man sich hier bitte bildlich wie die Prägung einer Münze vorstellen: Eine Prägung bestimmt, was man sieht und was man fühlt.
Wertekonflikte
Karriere war für Max lange vor allem an Aufstieg gebunden. Seine Eltern messen ihn heute noch an seiner Position im Organigramm. Der Vater ist immer noch stolz auf frühere Beförderungen des Sohnes. Nun ist Max aber in Folge der agilen Transformation kein Bereichsleiter mehr, sondern Agile Master. Die Rolle Product Owner hat ihm ein anderer weggeschnappt, dabei hat die Geschäftsführung an der Stelle das agile Pull-Prinzip durchbrochen. Man wollte den „anderen“ Kollegen für die meist als prestigeträchtiger wahrgenommene Rolle. Product Owner hat mehr mit Sache und Analyse zu tun als Scrum oder Agile Master — so denkt man vielfach immer noch. Und bewertet diese Tätigkeit in alter Industrie-Zeitaltertradition nicht nur finanziell höher.
Max ist brav und fleißig, aber wird abgewählt
Max ist immer brav gewesen und fleißig, weil man früh angelegte Werte nicht so einfach aus dem Kopf rauskriegt. Anpassung würde er nie als persönlichen Wert formulieren, aber auch sie setzt einen starken Impuls. So trägt Max die Veränderungen voll mit. Den Zugang zu eigenen Gefühlen hat er früh abgeschnitten. Max kann also nicht genau wahrnehmen, was in ihm vorgeht. Erst recht kann er das nicht verbalisieren bzw. hielte es für ein Zeichen von Schwäche. Dass ein Wort Bedeutung erst schafft – ein solcher Gedanke kommt ihm gar nicht erst.
Drehen wir die Uhr weiter:
In dem einen Fall werden die Teams selbstbewusster, erfahrener mit agilen Arbeits- und Denkweisen. Sie wählen Max als Agile Master ab. Jetzt hat er noch das Gehalt das Bereichsleiter, aber alles andere ist weg. Er geht in den passiven Widerstand. Allein seine Anwesenheit zeigt allen, was den Ehemaligen droht.
In dem anderen Fall, verhält er sich weiter als Bereichsleiter und sabotiert alle Vorhaben, das Team zu befähigen. Natürlich unbewusst.
Max als Prototyp der Agilen Transformation
Max will eigentlich, aber auch wieder nicht. Max ist der typische Agile-Transformations-Case. Menschen reagieren auf Bedrohung – und Veränderung ist eine Form von Bedrohung, sobald sie deutlich über die Komfortzone geht und unfreiwillig erfolgt — mit Flucht, Erstarren, Ablenkung oder Kampf. Transferiert in die Unternehmenswelt, zeigt sich Widerstand deshalb oft nur indirekt:
- Da bauen Führungskräfte 120-seitige Foliensätze mit Transformationsbekenntnissen (anstatt mal was auszuprobieren).
- Es gibt überall ein Plus, aber nirgends ein Minus.
- Es wird nicht in drei Dimensionen der Organisation gedacht (Aufbau- und Ablauforganisation sowie Anatomie und Neurologie, hier Beitrag)
- Da bekräftigt man, schon immer agil gewesen zu sein und vermeidet jede Selbstreflexion darüber, dass sich schnell Abstimmen eben kein Daily ist.
- Da sucht man nach dem Neuen und versteht nicht, dass das Neue auch und gerade eine neue Interpretation des Alten ist.
- Da verschanzt man sich hinter neuen Begriffen und sieht nicht des Kaisers neue Kleider (ja, in Wahrheit ist agiles Arbeiten für jemand der Offenheit nicht gewohnt ist, schon ein bisschen wie nackt sein).
Agile Konfliktherde und Konfliktarten
Allein daraus ergeben sich zahlreiche Konfliktherde, die explosiv sind, denn sie sind oft weitgehend unbewusst — und werden eben nicht selten verdeckt ausgetragen. So ist zu vermuten, dass Konfliktmoderation (als Form der Moderation, die auf Konflikte ausgerichtet ist) und Mediation (die u.a. Allparteilichkeit und Freiwilligkeit erfordert) für Unternehmen in der agilen Transformation extrem wichtig sind.
Zudem sind die Rollen und Berufsbilder im agilen Kontext oft nicht systemisch gedacht. Wer ist beispielsweise für Konfliktlösung zuständig? Als Teil des Teamsystems kann der Agile oder Scrum Master auf keinen Fall zugleich Mediator sein, denn als Teil des Systems “Team” ist Allparteilichkeit unmöglich. Er kann aber ein Konfliktbewusstsein entwickeln und diese frühzeitig erkennen. Das ist eine wichtige Kompetenz.
Die Scrum Masterin oder Agile Masterin mit entsprechendem Kompetenzen kann aber durchaus kleinere Konflikte lösen bzw. das Team zur Selbsthilfe befähigen und dessen Beobachtungsgabe schulen. Hier helfen Modelle und Denkrahmen wie die fünf Funktionen und Dysfunktionen.
Intrapersonelle und interpersonelle Konflikte
In der Konflikt-Theorie unterscheiden wir intrapersonelle und interpersonelle Konfliktarten. Intrapersonelle Konflikte sind innere Konflikte. Ohne Frage nehmen diese in Veränderungssituationen zu, wie das Beispiel von Max zeigt. Menschen verändern sich nicht so einfach, weil sie es sollen. Die Vergangenheit wirkt stabil auf die Interpretation der Gegenwart. Wissen über die Psychologie der Veränderung ist deshalb zentral.
Interpersonelle Konflikte sind Konflikte, die zwischen zwei Parteien oder mehreren Personen stattfinden. Oft sind intrapersonelle Konflikte begleitet von interpersonellen Konflikten oder es bedingt sich gegenseitig. Max ringt vielleicht mit sich selbst: Da ist ein Teil, der sich nach dem alten Status sehnt und ein anderer, dem der Inhalt der Arbeit wichtiger ist. Da ist aber auch der Konflikt mit dem Product Owner, der ihm die Rolle weggeschnappt hat. Dass er über diesen Fakt nicht spricht, sondern den PO stattdessen meidet und subtil seine Autorität untergräbt, um Zweitracht im Team zu säen, ist ein ausgewachsener und typisch agiler Konflikt, der Produktivität behindert.
Werte- und Rollenkonflikte
Intrapersonelle Konflikte sind beispielsweise:
- Verteilungskonflikte, z.B. ein Streit ums Budget, aber auch um Macht, Einfluss und Entscheidungsgewalt (agile Rollen)
- Interessenkonflikte, z.B. zwischen altem und neuen Bereich
- Zielkonflikte, z.B. zwischen Innovation und Tradition oder Karriere und Fortschritt des Unternehmens
- Rollenkonflikte, z.B. zwischen der Position als disziplinarische Führungskraft und der als Konfliktmoderator
- Wertekonflikte, z.B. zwischen dem agilen Wert „Offenheit“ und dem heimlichen Bedürfnis (das auch auf einen Wert zielt), sein Wissen für sich zu behalten
Konflikte im agilen Umfeld sind besonders häufig Rollen- und Wertekonflikte, die vielfach eben nicht offen ausgetragen werden, sondern verdeckt. Wir möchten hier nur kurz auf die im agilen Umfeld oft spezifisch benannten Rollenkonflikte etwa zwischen Product Owner und den Stakeholdern oder dem Agile oder Scrum Master und dem Team eingehen. Diese sind eigentlich wenig relevant, weil sie sich auf eine Ursache zurückführen lassen: Sie liegen in der Tatsache, dass man agiles Arbeiten oder eine agile Organisation nicht einführen kann.
Stellen Sie sich vor, jemand hat 50 Kilo zuviel auf den Rippen. Diese Person wird nicht morgen schlank sein und sportlich hüpfen und springen. Bei Organisationen ist das genauso, wenn man begreift, dass diese auch eine Anatomie haben, die die psychologisch-neurologische Dimension beinhaltet. Und die hat gelernt, sich z.B. schwerfällig zu bewegen.
Konflikte durch mangelhafte Framework-Kompetenz
Viele Konflikte im agilen Umfeld entstehen, weil agiles Arbeiten nicht wirklich verstanden wurde und wird und Frameworks unzureichend oder falsch eingeführt wurden. Beispielsweise hat man nicht verstanden, dass Scrum als revolutionäres Framework einen Neuanfang erfordert. Die Teams müssen befähigt sein. Man kann nicht sagen “arbeitet morgen nach Scrum”.
Folgende sind typische Konfiktherde:
- Kanban, Scrum etc. stoßen auf unklare Rahmenbedingungen und bekommen keinen Schutzraum vom Management. Dann „sticht“ z.B. das Management über den PO mitten im Sprint ins Team, was “eigentlich” (laut Scrum Guide) nicht sein dürfte.
- Rollen sind mit Persönlichkeiten besetzt, die diese nicht ausfüllen können (z.B. ein Fachexperte ohne Durchsetzungsvermögen und Kommunikationskompetenz als Scrum Master).
- Agilität wird nicht in seiner Dualität zwischen Action und Reflection (oder neurologisch Sympathicus und Parasympathicus) verstanden. Es wird stattdessen einseitig auf Tempo gesetzt, Reflexion findet nicht statt.
Sechs spezifische Konflikte im agilen Umfeld
Im nächsten Abschnitt möchten wir Ihnen nun einige Konfliktarten vorstellen, die wir beobachtet und mit den Teilnehmern unserer Seminare reflektiert haben. Organisationsübergreifend hörten wir immer wieder von diesen agilen Konflikten:
1. Chronische kalte Konflikte, die agil eskalieren
Chronische Konflikte sind Konflikte, die bereits vor der agilen Transformation manifestiert waren und durch diese keineswegs verschwinden — im Gegenteil. Konfliktmoderationserfahrene Teilnehmerinnen aus unseren Kursen berichten, wie diese durch agiles Arbeiten eher weiter eskalieren und sich hochschrauben. Darunter “leiden” gerade Konzerne mit einer stabilen Mitarbeiterstruktur. Wenn die Konfliktbearbeitung nie gelernt wurde, so wird auch der beste agile Coach keine Wunder vollbringen können. Wir-gegen-die-anderen-Ingruppen-Konflikte sind ebenso prädestiniert nun aufzuflackern oder vielmehr zu ‑lodern. Hier erinnern wir gern an das alte Robbers-Cave-Experiment aus den 1950er Jahren, das zeigt wie schnell sich informelle Hierarchien ausbilden und ein gruppendynamischer “die anderen sind böse und wir gut”-Effekt auftritt.
Gruppen haben ein natürliches Bedürfnis nach Abgrenzung, das gelenkt werden kann. Dafür braucht es Bewusstsein dafür, dass es diese Bedürfnisse gibt und Kenntnis, wie man sie transformiert — genügend Studien deuten darauf, dass das geht, z.B. durch positive Identitätsbildung und Zielbindung. Für Organisationen wichtig ist die Verankerung zentraler Angebote. Hier hörten wir jüngst von Meta-Mediation, die im System einer größeren Organisation verankert wurde. Deren Funktion ist ähnlich der Meta-Kommunikation, also der Kommunikation über Kommunikation, die wir für zentral in der digitalen und agilen Transformation halten.
Tipps, wie Sie solche Konflikte vermeiden:
Gar nicht erst erkalten und chronisch werden lassen — das können Startups. Konzerne schleppen diese Komflikte schon deshalb mit, weil sie aus der Vergangenheit kommen. Sie zu bearbeiten ist zentral.
Vermeiden können Sie sie nicht. Sie sollten vielmehr sensibel dafür sein und erkennen, dass es sie gibt. Mediation im System zu verankern ist eine sehr gute Idee. Den Wert von Konflikten wie auch Konfliktlösung transparent zu machen ebenso. Agile Coaches sollten in Konfliktmoderation ausgebildet sein, sie sollten Eskalationsstufen erkennen und von diesen Interventionsmaßnahmen ableiten können.
2. Der flexible-Rollen-Konflikt
Früher gab es nur eine Führungsrolle: Chef war Chef. Daraus ergaben sich einfache Rollenkonflikte wie „gestern Mitarbeiter, heute Vorgesetzter“. Die damit verbundenen Herausforderungen sind deutlich leichter zu bewältigen als die, die sich aus verschiedenen und nicht (stark) an Position und Funktion gekoppelten Rollen ergeben.
Führung verteilt sich durch Rollen auf mehreren Schultern und ist somit keine Einpersonen-Aufgabe mehr. Durch diese Flexibilisierung des Rollenverständnisses sind auch frühere Experten immer weniger festgelegt auf ihr Fachwissen. Soziale, personale und methodische Kompetenzen werden wichtiger. Das erweitert die Möglichkeiten und Vielfalt. Gleichzeitig erhöht sich der Anspruch an persönliche Reife im Umgang mit Widersprüchen und gegensätzlichen Werthaltungen. Und das ist der Knackpunkt, an dem Sie ansetzen sollten.
Tipps, wie Sie solche Konflikte vermeiden:
Beruf, Stelle und Rolle unterscheiden. Den Rollenbegriff klären. Klarmachen, dass eine Rolle auch ausgefüllt und gelernt werden muss. Ein überzeugender Schauspieler wird man ja auch nicht, indem man einfach sagt, man spielt jetzt den Gärtner. Die Rolle fühlen und in sie wachsen. Die richtigen Persönlichkeiten für die Rollen finden. Wer das ist, bestimmen eben auch die anderen! Rollen vorleben. Über das gelebte Rollenverständnis sprechen und dieses feedbacken, kollegiale Beratung einführen.
3. Der Schnittstellen-Kommunikationskonflikt
Wer gehört dazu und wo steht die Führungskraft, würde man sie aufstellen — vorne, mittendrin, hinter dem Team oder an der Seite? Mit wem hat das Team Schnittstellen?
Am gruppendynamischen Ingruppen-Verhalten docken soziale Konflikte, Rollenkonflikte und Interessenkonflikte an. Früher arbeitete man in seinem Bereich, Punkt. Inzwischen gestaltet sich Arbeit immer cross- und transfunktionaler. Dabei knallen unterschiedliche Persönlichkeiten aneinander: Ängstliche und Mutige beispielsweise, offene und weniger offene. Und dann herrscht überall ein völlig unterschiedliches Verständnis der Worte, die durch die Organisation geistern. Was verstehe ich überhaupt unter digitaler Transformation? Was bedeutet das für mich konkret?
Je unklarer Begriffe hinsichtlich der Bedeutung für die eigene Person sind, desto diffuser wird Handeln. Kommunikationsmissverständnisse werden so schnell zu ausgewachsenen Konflikten. Wir verstehen uns eben nicht blind. Ganz im Gegenteil.
Tipps, wie Sie solche Konflikte im agilen Umfeld vermeiden:
Begriffe verbreiten einen Zauber, den Zauber der Schwammigkeit. Der ist super am Anfang, denn dadurch kann man sich für Unterschiedliches begeistern und scheint das Gleiche zu meinen.
Konfliktmoderatoren brauchen eine erhebliche Sprachsensibilität, um Unterschiede im persönlichen Verständnis überhaupt wahrnehmen zu können.
Eine Klärung, was der eine, und was der andere versteht, vermeidet Konflikte. Menschen haben eine natürliche Tendenz zu Abgrenzung.
Wer gut-gegen-böse-Fronten vermeiden möchte, muss zudem Ausgrenzungen und Abwertungen sanktionieren. Zudem müssen Schnittstellenpositionen mit kommunikationsstarken Personen besetzt sein, die gut mit Ambiguität umgehen können.
4. Der verdeckte-Emotionen-Konflikt
Viele soziale Konflikte im agilen Umfeld entstehen, weil Einzel- und Teampersönlichkeiten nicht gelernt haben, sich zu reflektieren und dabei auf Bedürfnis und Emotionen, Kontext und Situation zu schauen. Wer darin keine Praxis hat, ist oft gefangen in der eigenen Gefühlswelt und kann das Geschehen nicht angemessen von außen betrachten. Da werden Dinge persönlich genommen oder auf sich selbst bezogen. Vor allem aber wird bewertet, was das Zeug hält: gut, richtig, schwarz, weiß.
Je mehr Menschen in echten Teams arbeiten (also in unserer Definition in Teams 3.0 mit gemeinsamer Wertschöpfung oder gar 4.0 selbstorganisiert), desto mehr steigt das Niveau (oft auch stiller) sozialer Konflikte, vor allem wenn weder Persönlichkeits- noch Teamentwicklung stattgefunden hat.
Tipps, wie Sie solche Konflikte vermeiden:
Wir leiten Schulungsmaßnahmen immer noch aus altem behaviouristischen Überzeugungen und dem Kognitivismus ab. Die Psychologie und die Neurowissenschaften sind da aber schon weiter. Menschen entwickeln sich nur mit und durch Emotionsarbeit — und dazu gehört Reflexion. Also einfach: Emotionen rein. Gern auch Embodiment.
5. Der Karriere-Konflikt
Wie macht man Karriere? Die Vorzeichen haben sich hier stark geändert, was Menschen verunsichert. Worauf soll ich Wert legen? Wird mein Engagement fürs Team wirklich belohnt? Auch aus einem veränderten und derzeit schwer fassbaren Karriereverständnis ergeben sich Konflikte. So verfolgen immer noch viele Angestellte eine „hidden agenda“, passen sich z.B. der neuen vom Vorstand gewünschten Richtung nach außen an, aber nur um Nutzen davon zu haben. Auch das ist eine Form des stillen Widerstands, denn die anderen merken das. Das macht sich vor allem auf den mittleren Führungsebenen deutlich bemerkbar.
Hinzu kommt eine Unklarheit bei der persönlichen Weiterentwicklung: Der Experte brauchte früher vielleicht Präsentationsfähigkeiten, aber mit Gruppendynamik und der Psychologie der Veränderung musste er sich nicht auskennen. Konflikte im agilen Umfeld ergeben sich dann vor allem, wenn im selben Unternehmen, der eine jenes und der andere dieses propagiert und der Mitarbeiter steht dazwischen. Verschärft wird das durch widersprüchliche Belohnungssysteme. So wird kurzfristige Zielerreichung belohnt, das Engagement für die eigenständige Profilschärfung aber nicht, beispielsweise wenn ein Mitarbeiter Weiterbildungen im methodisch-kommunikativen Bereich aus eigener Tasche bezahlt.
Tipps, wie Sie solche Konflikte vermeiden:
Dezentralisieren und individualisieren Sie Weiterbildungsentscheidungen. Sprechen Sie über Widersprüche und stärken Sie den Blick für eine dynamische Sicht auf sich selbst, fördern Sie ein growth mindset.
Die Hidden Agenda darf am Ende auf keinen Fall belohnt werden — denn dadurch würde sich informell zeigen, welche Werte wirklich gelten. Und danach würde sich verhalten, wer weiterkommen will.
6. Der alte-Zeiten-neue-Zeiten-Wertekonflikt
Einerseits wissen Ihre Mitarbeiter, dass sie — respektive die Organisation — nur durch Anpassung an die neuen, oft disruptiven Bedingungen überleben kann. Andrerseits geht damit ein erheblichen Status- und damit psychologisch immer auch Selbstwertverlust einher.
Früher waren Mitarbeiter zum Beispiel deshalb anerkannt, weil sie so viel wussten. Dieses Wissen ist heute vielfach immer noch wichtig, aber es muss ganz anders kanalisiert werden. Die Regel 1+1=2 gilt hier nicht. Es muss deshalb auch über persönliche Werte gesprochen und diese gegebenenfalls neu gedeutet werden. Früher: “Ich bin wertvoll, weil ich soviel weiß”. Heute: “Ich bin wertvoll, weil ich gemeinsam mit anderen daran arbeiten möchte, Wissen zu generieren”.
Tipps, wie Sie solche Konflikte vermeiden:
Kulturwandel ist kein strategischer Akt. Man kann Werte nicht einführen, sie sind lange da. Aber man kann Verhalten sanktionieren oder belohnen. Organisationsentwicklung ist auch Persönlichkeitsentwicklung. Oder so ausgedrückt: Wenn die Organisation abnehmen muss, muss ich das auch, ob ich will oder nicht. Damit sollte auch die Stärkung von Reflexionskompetenz sollte im Vordergrund stehen. Offen über Konsequenzen von Veränderungsvorhaben und Widersprüche sprechen, diese als normal akzeptieren. Und darauf verzichten, jeden mitnehmen zu wolen.
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